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Archiv-Artikel

Kusskaninchen, Bauch und Po

Musikmärchen bringt Kita-Kindern spielerisch Sexualität und Körpererfahrung näher. Fortbildung soll auch ErzieherInnen und Eltern lockerer im Umgang machen

Balduin Bauch zieht die Kapuze über den Kopf. Er ist wütend. „Weil, ich hab ihn geschubst“, erklärt Nina Nase ihrem Freund Paule Po und den 500 Kindern im Saal des Ernst-Deutsch-Theaters. „Er wollte mich küssen“, sie verzieht das Gesicht. „Und, das wollte ich nicht.“ Weil ja die Erwachsnen sich so viel küssen, will Balduin Bauch Kussforscher sein, Freundin Nina Nase aber nicht sein „Kusskaninchen“. Es folgt ein Lied: „Küssen will man nicht jeden, und wer was anderes sagt, der spinnt“.

Das phantasievolle Stück, welches das „Rumpelstil-Theater“ im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) auf die Beine stellte, gastiert noch heute und Dienstag in der Hansestadt, bevor es weiter tourt. Hier bleiben dann die bunten Medienpakete für die Kitas, mit Spielen, Puzzles, Quartetts und dickem Handbuch für ErzieherInnen und den zwei Handpuppen „Lutz und Linda“, an denen alles dran ist.

„Ziel ist, dass die Kinder Fragen stellen“, erklärt Harald Lehmann von der BzgA. Denn irgendwie aufgeklärt werden 97 Prozent aller Kinder von ihren Eltern. Doch vielen Erwachsnen fällt es nicht leicht, über Geschlechtsunterschiede, Liebe, Schwangerschaft oder Geburt zu reden. Deshalb gehört es zum Bildungsauftrag von Kitas, hier die Eltern zu ergänzen.

Doktorspiele beispielsweise sind zu tolerieren. Und in Kitas sollte eine „sexualitätsfreundliche Stimmung“ herrschen, wie Bernd Priebe von profamilia Hamburg, einem von 17 Kooperationspartnern der Kampagne, erklärt. Dazu gehöre auch, eine angemessene Kultur und Sprache zu finden, um mit Körper und Lust umzugehen. Denn wenn Kinder ein gutes Selbstbild und ein liebevolles Verhältnis zu sich haben, lernen sie später auch, die Grenzen anderer zu respektieren.

Geplant sind auch Fortbildungen für ErzieherInnen. Dafür gibt es nach Priebes Erfahrungen mit den ersten Erzieher-Workshops einen hohen Bedarf. Erzieher wollten wissen, wie sie Anlässe schaffen können, um das Thema zu behandeln, oder wie mit aufgebrachten Eltern umzugehen sei, die sich über Freizügigkeiten in der Kita empören.

Für Eltern gibt es übrigens unter dem Titel „Körper, Liebe, Doktorspiele“ auch zwei Ratgeber. Die enthalten beispielsweise den bekannten, aber oft vergessenen Tipp, gelassen zu bleiben, wenn Sechsjährige Vulgärvokabular benutzen. Oder dem Vierjährigen, der sich selbst stimuliert, zu erklären, das sei im eigenen Zimmer in Ordnung – aber bitte nicht beim Besuch der Tante.

KAIJA KUTTER

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