Kurzkritik : Männer lesen leidenschaftlicher
Frauen schmökern tief berührt nur in Liebesromanen. Männer dagegen entflammen bei Abenteuerbüchern, glühen für Sachbücher und lesen leidenschaftlich Liebesromane. Damit haben die Herren ein breiteres Spektrum an Literatur zur Auswahl. „Ein überraschendes Ergebnis“, findet die Psychologin Özen Odag. Sie hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit eine empirische Studie zur emotionalen Beteiligung beim Lesen aus der Geschlechterperspektive verfasst und ihre Ergebnisse am Dienstagabend in der Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) vorgestellt. Die Doktorandin der International University Bremen (IUB) wollte herausfinden, ob es einen Geschlechterunterschied im Leseverhalten gibt. Sie ging davon aus, dass Text und LerserIn bestimmte Eigenschaften haben, unter deren Wirkung es zu einer hohen emotionalen Beteiligung kommen kann. Lässt sich beweisen, dass Frauen bei Liebesromanen völlig mit der Protagonistin verschmelzen? Özen Odag fand heraus: „Nein! Männer identifizieren sich viel stärker mit den Figuren als Frauen. Männer haben ein stärkeres Leseerlebnis.“ Allerdings habe sie für ihre Studie auch nur 49 Männer aus der oberen Bildungsschicht befragt, räumt die Wissenschaftlerin ein. Selbst wenn die 49 Befragten Ausnahmeerscheinungen sein könnten – für das überwiegend weibliche Publikum war die neue Erkenntnis ein Lichtblick im Geschlechterkampf: „Da kann man mit den Kerlen ja mal einen Kitschroman schmökern“, freut sich die ZGF-Mitarbeiterin Christel Schütte. Tina Groll