Kurzkritik: Tulp und Baum im Urlaub : Lustige Texte zum Weltschmerz
Singer/Songwriter? Richtig, da war doch was. Bob Dylan, Cat Stevens, Neil Young. Funktioniert das noch, heute, 2005? Aber sicher. Zwei Bands mit lustigen Namen bewiesen das in der Viertel-Kneipe Urlaub. Okay, Kay Lehmkuhl von der münsterländischen Formation Tulp war dieses mal alleine, machte seine Sache aber gut. Nur er und seine Gitarre, bisschen Weltschmerz im Gepäck, dazu Anleihen von Jeff Buckley und ein wenig Blumfeld. Nach 40 Minuten hatte sich seine Originalität allerdings aufgebraucht, trotz der gelungenen Alltagslyrik (“Pünktlichkeit macht einsam“).
Tulp machte folgerichtig Platz für Baum. Passt irgendwie. Die Texte wurden schräger, die Musik vielschichtiger. Zur voluminösen Stimme Charlie Hartmanns passt eben nicht nur seine Akkustikgitarre und der pointiert gesetzte Bass von Werner Meyer. Multitalent Holger Kurrle zaubert aus den schönen Kompositionen kleine Songperlen, durch dezenten Einsatz von Flöte, Melodica und Guitalele. Selbst die Samples von Sven Bien aus dem 89er-Casio-Keyboard wirken da nicht aufgesetzt.
Der Computer, richtig. Der hilft Hartmann auch schon mal beim Texten, wenn er Gedichte per Übersetzungsmaschine ins Englische übertragen lässt. Lustig. Und selbst auf deutsch stellt er skurrile Fragen: „Hat die Wahrheit einen Zaun?“ Und was sind „Augenblicklichtlieder“?
So hübsch das auch daherkommt, Interpretationen solcher Passagen mag Hartmann nicht liefern. Seine Songs sollen für sich sprechen. Und nur in denen wird er laut, manchmal, doch das ist nicht schön. Wenn er aber nicht nicht schreit, und das ist zum Glück meistens so, dann sind Baum keine wirkliche Band, sondern vielmehr eine „Connection“-Connection aus der Neustadt, Meister der leisen Töne, die ebenso Jeff Buckley als Inspiration benennen. Sollte man sich vielleicht mal anhören, wenn Tulp und Baum gerade nicht im Urlaub sind. Achim Graf