Kurswechsel im Tibet-Konflikt: China will Dialog mit Dalai Lama
Offenbar steht ein Kurswechsel im Tibet-Konflikt bevor. Laut der chinesischen Nachrichtenagentur soll sich Peking in den kommenden Tagen mit Vertretern des Dalai Lama treffen.

PEKING (rtr/afp/dpa) Die chinesiche Regierung will sich in den kommenden Tagen mit Vertretern des Dalai Lama treffen. Das berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf einen nicht namentlich genannten Regierungsvertreter. Ein Sprecher des Dalai Lama erklärte, China habe die Botschaft noch nicht der Exil-Regierung übermittelt. Doch das geistliche Oberhaupt der Tibeter begrüße das Angebot Pekings.
Der Dalai Lama habe wiederholt um die Wiederaufnahme eines Dialogs gebeten, sagte der chinesische Regierungsvertreter der Agentur. "Daher wird die zuständige Abteilung der Zentralregierung Beratungen mit dem privaten Repräsentanten des geistlichen Oberhaupts beginnen." Die Regierung hoffe, dass der Dalai Lama infolge des Dialogs glaubwürdige Schritte unternehme und die Aktivitäten stoppe, die auf eine Spaltung Chinas zielten. Der Dalai Lama hat erklärt, er strebe eine größere Autonomie für Tibet an, aber keine Unabhängigkeit.
Mit einem Dialog würde China einen Kurswechsel im Tibet-Konflikt einleiten. Bislang stand China trotz internationalem Druck direkten Kontakten mit der Exil-Regierung ablehnend gegenüber. Seit 2002 hat es zwar sechs Dialogrunden zwischen Vertretern des Dalai Lama und der chinesischen Regierung gegeben. Es wurden aber keine greifbaren Fortschritte erzielt. Die letzte Runde war im Juni 2007. Unabhängige Quellen, die mit dem bisherigen Gesprächsverlauf vertraut sind, hegen den Verdacht, dass Chinas Regierung die Treffen vor allem dazu benutzt habe, nach außen Gesprächsbereitschaft zu zeigen, um Kritiker zu besänftigen und Zeit zu gewinnen. Aus Sicht des Unterhändlers Lodi Gyaltsen Gyari schienen seine chinesischen Gesprächspartner nicht ernsthaft bei der Sache.
Die Probleme in dem größten Hochland der Erde sind mehr als fünf Jahrzehnte nach der Invasion der Volksbefreiungsarmee höchst kompliziert und selbst mit gutem Willen nicht einfach zu lösen. So wollte Peking in dem Dialog bisher bestätigt wissen, dass Tibet "schon immer" zu China gehört hat. Die tibetischen Unterhändler wollen das allenfalls auf die Gegenwart beziehen. Aus ihrer Sicht müsste auch jede vereinbarte Autonomie für alle Tibeter gelten. Die leben heute aber nicht nur in der Autonomen Region Tibet, sondern auch in den Nachbarprovinzen Gansu, Sichuan und Qinghai, weil China das alte tibetische Territorium aufgeteilt hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bezos zensiert seine „Washington Post“
Demokratie stirbt in der Dunkelheit
Grippewelle
Wäre ein bisschen Infektionsschutz wirklich so unzumutbar?
Trumps neue Weltordnung
All hands on deck!
Eklat im Weißen Haus
Europa muss jetzt viel Geld bereitstellen
Nach der Bundestagswahl
Braucht Deutschland Robert Habeck nicht?
Essay für eine neue europäische Politik
Jetzt Europa!