Kurioses von der Terrorliste: Ein Pfadfinder im Visier
Er ist 8 Jahre alt, Pfadfinder – und jedes Mal, wenn er fliegt, wird er gründlich gefilzt. Der Grund: Michey Hicks steht auf der Terror-Liste. Und das seit seiner Geburt.
Es ist jedes Mal dasselbe, wenn Mickey an den Flughafen fährt. Der Mensch am Check-in-Schalter schaut seinen Pass an, schaut in den Computer und kratzt sich dann meist verwundert am Kopf. Dann entschuldigt man sich bei Mickey und seinen Eltern, bevor er zur Seite genommen wird.
Der blonde Achtjährige mit Nickelbrille und Stupsnase aus New Jersey ist das mittlerweile gewöhnt. Seit seinem zweiten Lebensjahr geht das jetzt so. Seine Mutter, eine Fotoreporterin, fliegt viel, und jedes Mal, wenn er dabei ist, wird Mickey von der Heimatschutzbehörde von oben bis unten gefilzt. Anfangs weinte er noch, jetzt lässt er es stoisch über sich ergehen.
Der Grund für die Sonderbehandlung: Mickey steht auf der "Terror-Watchlist" der Transportation Security Administration (TSA), jener Liste mit 13.500 Namen, die den Unterhosenbomber von Detroit fatalerweise nicht führte. Irgendjemand mit dem Namen Michael Hicks war nach dem 11. 9. 2001 irgendjemandem bei der Heimatschutzbehörde aufgefallen. Seitdem ist der kleine Mickey im Visier der Terrorbekämpfer. Seine Eltern haben alles versucht, ihn von der Liste streichen zu lassen. Sie stellten Anträge, riefen ihre Senatoren an - ohne Erfolg.
Mickey Hicks ist kein Einzelfall. Laut New York Times haben in den vergangenen drei Jahren 81.793 frustrierte Reisende formal darum ersucht, von der TSA-Liste gestrichen zu werden. Einige der Verdächtigen, die häufig fliegen müssen, haben verzweifelte Maßnahmen ergriffen, um nicht jedes Mal einer entwürdigenden Ganzkörperuntersuchung samt bohrender Befragung ausgesetzt zu werden. Der kanadische Geschäftsmann Mario Labbe änderte seinen Namen. Seitdem in seinem Pass François Mario Labbe steht, hat er Ruhe. Auch das spricht nicht für die Effektivität der Listen.
Der kleine Mickey, ein guter Amerikaner, der in seiner Pfadfindergruppe auf die Fahne geschworen hat, nimmt die regelmäßigen Belästigungen unterdessen mit Humor. Als er beim letzten Familienurlaub in die Bahamas wieder ausgesondert wurde, sagte er seiner Mutter, sie solle sich keine Sorgen machen. Er werde zur Not Taekwondo anwenden. Beruhigt hat das Mama Hicks allerdings wohl kaum.
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