Kunst des Weltuntergangs: Alles total schlimm
Hamburger Kunsträume
von Hajo Schiff
Kaum ist es Sommer, wird gestöhnt: Saharahitze. Einige Tage später ist es zu winterlich für Juli. Der Euro ist akut gefährdet durch die Griechen. Auch umgekehrt. Und überhaupt, dieser Islam! Der Boulevard könnte selbst einen Skandal daraus machen, dass bei Klaus-Dieter das Bier alle ist. Alles wird in den Medien zur kleinen Katastrophe.
Da sollte man sich mal den ernsthaften Desastern zuwenden, sowas Ordentlichem wie dem Weltuntergang. Scheinbar ganz normale Mitbürger glauben ja an ein baldiges Ende von allem – haben aber komischerweise die Idee, ausgerechnet bei ihnen selbst sei eine Ausnahme möglich, selbst wenn Aliens oder Zombies kommen.
Die Prepper, wie sich die überzeugten Untergangs-Vorbereiter nennen (abgeleitet von „prepare!“ – sei vorbereitet), legen riesige Lebensmittelvorräte an, lernen Erste Hilfe für Mensch und Technik und gönnen sich natürlich eine gute Ausbildung an der Waffe. Und das nicht im Kino. Immer ist es ein Einzelner, eine Kleingruppe – vorzugsweise eine klassische Familie – oder ein kleiner Clan, der das Überleben an TEOTWAWKI (= The End Of The World As We Know It) sauber hinkriegt. Sind solche uralten Strukturen im Falle einer echten Katastrophe eigentlich zwingend? Wenn die bisherige Welt dramatisch gescheitert ist, sollte man sich da nicht eine neue, ganz andere einrichten?
Höchste Zeit, dass Künstler wie Mark Boombastik, Jörn J. Burmester und Florian Feigl sich damit befassen. Seit über drei Jahren recherchieren die Berliner Performancekünstler Burmester & Feigl gemeinsam mit dem Hamburger Musiker Mark Boombastik Szenarien für den Ernstfall nach dem Ende der Welt. Aus dem Archiv der Untergangsszenarien und Überlebensstrategien entwickeln sie unterschiedliche Kunst-Formate, von der Rauminstallation über Dauer-Performances bis zum Musiktheater.
Das immer für schräge und systemkritische Veranstaltungen gute Format „Kunsthasser-Stammtisch“ des „no-room-Galeristen“ Jan Holtmann lädt nun eine kleine Gruppe ein, sich mit Hilfe der Hardcore-Performer per Nachtwanderung und Notversorgung in die Situation der Letzt-Überlebenden zu versetzen. Aber gemeinsam. Und nach neuen Regeln. So einfach ist das aber nicht zu haben: Mitzubringen sind Taschenlampe, Regenjacke, Schlafsack und – ja gewiss – ein Messer.
Und damit der Charakter einer besserwisserischen Verschwörungsgemeinschaft erhalten bleibt, geht das nur nach Anmeldung über „hausbesuche@norooomgallery“ bis Dienstag, 14. Juli. Der Treffpunkt wird in einer persönlichen Nachricht übermittelt, der Termin ist der 17. Juli, spät abends bis 18. Juli, früh morgens. Ein Datum, das bei allen Zahlenspielen für den Weltuntergang bisher noch nicht besonders aufgefallen ist.
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