: Kunick intern unter Druck
■ Planungsamt gegen eigenen Senator
Bausenator Konrad Kunick und sein Stellvertreter Manfred Osthaus haben einen bösen Brief bekommen. Absender: 20 MitarbeiterInnen des dem Bausenator unterstellten Planungsamt. Anlaß des Schreibens ist der Beschluß des Senats, die Hemelinger Marsch als Gewerbegebiet auszuweisen. Wir dokumentieren in Auszügen.
„Mit Ihrem Eintreten für die Industrialisierung der Hemelinger Marsch haben Sie sich — ohne für uns erkennbaren Grund — in Widerspruch zu Ihrer gesamten Planungsverwaltung gesetzt, darüber hinaus auch zu der Position, die die Senatorin für Umweltschutz und Stadtentwicklung und ihre Fachverwaltung vertreten haben, (...). Mit Beginn einer Gewerbeansiedlung in diesem Landschaftsraum wird die Existenzfähigkeit des Wohngebietes Hemelingen in Frage gestellt wird. (...)
Die stadtentwicklungspolitischen Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte haben Hemelingen als Wohnort fast völlig ruiniert. Mit der Anlage des Autobahnzubringers und des Hafens sind den Menschen der Weserzugang und die Erholungsflächen an der Weser genommen worden. Vom Weserwehr bis zur Autobahnbrücke der Hansalinie schiebt sich eine fast undurchdringliche Industriezone zwischen Wohngebiete und Weser. Eine ähnliche Barriere bildet das geschlossene Band von Industrie- und Gewerbegebieten entlang der Eisenbahnstrecke nach Hannover, das Hemelingen von den angrenzenden Stadtteilen isoliert. Mit der Ansiedlung von Mercedes-Benz ist für den ganzen Bremer Osten ein wichtiges Erholungsgebiet verloren gegangen.
Einzig im Süden liegt mit der Marsch eine noch unbebaute Landschaft. Im Inneren ist der Stadtteil durch Verkehrsanlagen so zerschnitten, daß die Bereitschaft der Menschen, ihren Wohnort zu verlassen täglich wächst. Sie werden einwenden, daß dies das letzte Hemelinger Opfer sei. Das ist nicht haltbar. (...) Mit der weiteren baulichen Ausdehnung vernichten wir unsere natürlichen Grundlagen. Die Politik des Wirtschaftssenators ignoriert diese Erkenntnis. Er wird als erster das weitere Vordringen der Industrie in die Marsch fordern.
Wir lassen uns nicht täuschen durch das Angebot, 31 ! störende Betriebe aus Hemelingen in die Marsch auszulagern. Sie wissen, daß wir vor 10 Jahren ein Konzept zur Erneuerung Hemelinges erarbeitet haben, das genau diese Zielsetzung beinhaltete. Damals herrschten finanziell bessere Zeiten und dennoch ist bis heute kein einziger Betrieb aus den Wohngeieten verlagert worden. (...) 18 MitarbeiterInnen des Planungsamtes
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