: Kultusminster in China entlassen
■ Wang Meng galt als liberal, aber auch weich und anpassungsfähig / Wieder Studentenführer verhaftet
Peking (dpa/taz) - Erstmals seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Pekinger Platz des Himmlischen Friedens Anfang Juni wurde jetzt ein chinesischer Minister Opfer der Säuberungsaktionen. Am Montag meldete der staatliche chinesische Rundfunk die Absetzung des Kulturministers Wang Meng. In dem Bericht hieß es, daß der berühmte Schriftsteller um seine Entlassung gebeten habe, damit er sich wieder seiner literarischen Tätigkeit widmen könne.
Beobachter gehen jedoch davon aus, daß der seit 1986 amtierende Kultusminister nicht mehr bereit war, die repressive Politik gegen Intellektuelle mitzutragen. Der 55jährige war am 5. Juni, einen Tag nach dem Massaker in Peking, aus Europa zurückgekommen. Danach soll er sofort in ein Krankenhaus abtransportiert worden sein, wo er offenbar von Militärs befragt wurde, heißt es aus gut unterrichteten Quellen. Seitdem wurde er nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen.
Viele Abteilungen des Kulturministeriums hatten an den Demonstrationen für Demokratie teilgenommen. Das wurde ihm nun offenbar zur Last gelegt.
Bereits 1958 war Wang wegen seiner Novelle Der Neuling in der Organisationsabteilung aufs Land verbannt und erst 1978 wieder rehabilitiert worden. Seitdem galt er als Chamäleon, der einerseits die Politik der Kommunistischen Partei Chinas mittrug, aber in seinen Werken dagegen anschrieb. Als Wang Mengs Nachfolger soll der Verfasser der Kulturrevolutionsoper Das weißhaarige Mädchen, He Jingzhi, ernannt worden sein.
Gleichzeitig wurde gestern bekannt, daß die chinesischen Behörden den 22jährigen Studentenführer Shao Jiang gefaßt haben, der versucht hatte, nach Macau zu flüchten. Er war bei den Proteste Mitglied des Zentralkomitees des Studentenverbandes der Universitäten gewesen.
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