Kultur-Kommentar zu Frantz & Co.: Kommerz haut Kunst
■ Katrin Rabus: Subventionen für Justus diskreditieren Kunstförderung
Noch nicht lange ist es her, daß in einer großen Aktion mit vereinten Kräften und herben Verlusten die Grundfinanzierung des Bremer Theaters gesichert wurde. Alle Welt sah den Schwarzen Peter bei einer verständnislosen Kultursenatorin. Zarte Hoffnungssschimmer blühten, daß nach der Beendigung des Konflikts um das Theater nun in Politik und Verwaltung – auch angesichts der verheerenden wirtschaftlichen Einbrüche und daraus resultierenden negativen Schlagzeilen – ein Umdenken einsetzen könne, den großen Trumpf Bremens, seine lebendige kulturelle Szene, ideell und materiell zu stärken.
Aber die Kulturszene und ihre wenigen Helfer in der Politik hatten sich getäuscht – sie wurden mit den Mitteln des nicht nur in Bremen bewährten politischen Handwerks ausgetrickst durch die Bremer Zunft der Kulturwirtschaftler und ihrer einflußreichen Anhänger im Wirtschaftsressort.
Fand man bei der Musical-Förderung noch die klare Sprachregelung, dies sei keine Kultur-, sondern Wirtschaftsförderung, sah dies nun bei Justus Frantz und Co. ganz anders aus. Die hier aus egoistischen und durchschaubaren Motiven vorgenommenen Geldzuwendungen, die von den Politikern als „Kulturförderung“ verkauft wurden, sind eine Provokation für die in Bremen ernsthaft arbeitenden Künstler, die sich mit ganz geringen Mitteln und bürokratischen Hürden auseinandersetzen müssen.
Die „Sprachbarriere“ zwischen Kunst und Politik trat bei Justus Frantz und Co.nicht auf – hier wurde ganz direkt „do ut des“ praktiziert, und zwar schön im Proporz, auch Bremerhaven war dabei.
Der Schaden für die Kulturförderung ist immens: Die durch das Wirtschaftsressort erfolgte öffentliche Gleichsetzung gepflegter Unterhaltungsevents einer privat (zu Recht ihre Gewinne) kalkulierenden Kulturindustrie mit dem kulturellen Schaffen, das den Schutz und die Hilfe des Staates nach unserer Verfassung braucht, benachteiligt dieses für das geistige und soziale Umfeld der Bürger unerläßliche Spektrum.
Die durch die Förderung von Justus Frantz hervorgerufenen öffentlichen Proteste unterscheiden leider nicht mehr zwischen Kulturindustrie und Kunstförderung. Öffentliche Kulturförderung ist diskreditiert – die mühsam aufgebaute Akzeptanz gefährdet. Man darf befürchten, daß die Verantwortlichen diese Dimension gar nicht sehen – oder aber insgeheim begrüßen. Beides ist zum Schaden der Stadt.
Katrin Rabus, 19.9.1996
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