Kudamm-Bühnen: Eins mehr, zwei weniger
Investor will den vom Abriss bedrohten Theaterstandort im Kudamm-Karree erhalten, aber die alten Bühnen abreißen und nur eine neu bauen. Perfekt ist der Deal noch nicht und Zweifel sind angebracht
Die meisten Stücke der beiden Theater am Kurfürstendamm gehen so: Zwei lieben und krachen sich. Dann platzt ein Flittchen in das fragile Beziehungsgeflecht, macht Hoffnung, stiftet aber Verwirrung. Und am Ende liegt einiges in Scherben. Aber amüsiert haben sich trotzdem alle.
Als nicht viel anders ist die reale Lage der Komödie und des Theaters am Kudamm zu bezeichnen: Der seit Jahren von der Schließung bedrohte Theaterstandort im Kudamm-Karree "ist langfristig gesichert", kündigten am Mittwoch sowohl die neuen Eigentümer des Blocks - die irische Ballymore Projektentwicklungsgruppe - als auch der Theaterbesitzer Martin Woelffer an.
Die Ballymore Group wolle, dass auch nach dem vorgesehenen Umbau des Kudamm-Karrees von 2010 bis 2012 hier "Theater gespielt wird", sagte Konzernvorstand Paul Keogh. Allerdings werde nur ein Theatersaal von Ballymore wiederhergestellt.
Theaterdirektor Woelffer bezeichnete das Ballymore-Vorhaben als "eine echte Chance für eine langfristige Perspektive am Kurfürstendamm". Bis zum Beginn der Renovierungsarbeiten des großen Blocks aus Kultur, Geschäften und Büros sei mit ihm verabredet worden, dass die Komödie und das Theater am Kurfürstendamm bis 2010 ihre Programme weiterführen könnten. Für die zweijährige Bauzeit müsste dann allerdings nach Ausweichquartieren gesucht werden. Danach ist geplant, einen langfristigen Mietvertrag abzuschließen. So weit, so gut? Wohl kaum.
Die beiden Kudammbühnen wurden in den 20er-Jahren von dem Architekten Oskar Kaufmann, der auch das Hebbel-Theater und die Volksbühne baute, entworfen. Durch mehrfachen Besitzerwechsel und ständige Kündigungsandrohungen war der Theaterbetrieb seit 2005 immer wieder gefährdet worden.
Auch Ballymore hat, räumte Keogh ein, mit Woelffer "keinen Vertrag", sondern nur eine Verabredung über die Zukunft des Bühnenstandorts getroffen. Baupläne gibt es auch nicht. Zudem wollen die Iren, dass die Komödie und das Theater am Kurfürstendamm "abgerissen und durch einen Neubau" mit historischem Dekor ersetzt werden. Der Verzicht auf eine Bühne werde das jetzige Platzangebot von 1.400 Plätzen auf etwa 650 verringern. Schließlich: Das geplante neue Theater soll auch nicht an gleicher Stelle im Block liegen wie die beiden jetzigen, so der Konzernvorstand. Man könne sich vorstellen, es in die erste Etage hinaufzuverpflanzen.
Dass Woelffer sich neben der Freude über die Optionen weiter Sorgen macht, kam am Mittwoch auch zum Ausdruck. Der Preis für den Erhalt einer Bühne sei "extrem hoch und emotional sehr hart", sagte er. Die Abrisse bedeuteten eine tiefe Zäsur. Er nannte es einen Skandal, "dass sich eine Stadt wie Berlin nicht rechtzeitig darum bemüht hat, beide Theater zu erhalten". Das ehemals bestehende Nutzungsrecht für die Theater im Kudamm-Karree habe der Senat Ende der 90er-Jahre für vier Millionen Euro verschleudert.
Alice Ströver, grüne Kulturexpertin, schlug ähnliche Töne an. "Es ist bitter, dass anstelle der Kaufmann-Bühnen eine historisierende Mischung von Theater und Komödie am Kurfürstendamm entstehen soll." Schuld daran trage der Senat, der das Theater im Stich gelassen und das Verkaufskarussell zu verantworten habe. Dennoch freue sie sich über die mögliche Perspektive für das Theaters.
Mal sehn, obs dabei bleibt.
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