Kubas Boxstaffel: Talente an jeder Ecke
Die kubanische Boxstaffel will sich in allen elf Gewichtsklassen für Olympia qualifizieren. Der reuige Guillermo Rigondeaux, der sich im Juli vom Team abgesetzt hatte, ist dabei unerwünscht
Mitte Februar kassierte Guillermo Rigondeaux einen ganz persönlichen Knock-out. Da stellte der kubanische Nationaltrainer Pedro Roque seine Staffel für das am 12. März in Trinidad beginnende Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in Peking vor. Der Name Rigondeaux fehlte. Kubas Coach begründete seine Entscheidung mit deutlichen Worten: "Rigondeaux hat nicht nur seine Kameraden betrogen, sondern auch das Vertrauen vieler Menschen, die ihn in Brasilien boxen sehen wollten", schimpfte der Coach. Guillermo Rigondeaux habe seine Chance gehabt und verdiene keine zweite.
Auf die hatte der Doppelolympiasieger inständig gehofft - trotz seiner spektakulären Flucht bei den Panamerikanischen Spielen in Rio de Janeiro im Juli 2007. Damals hatten sich Rigondeaux und sein Kumpel, der 25-jährige Amateurweltmeister Erislandy Lara, von der kubanischen Staffel abgesetzt und Profiverträge beim Hamburger Arena Boxstall abgeschlossen. Für den kubanischen Boxfunktionär und Nationalheld Teófilo Stevenson "ein Irrtum und eine gravierende Undiszipliniertheit". Der dreifache Olympiasieger im Schwergewicht hätte die beiden hochtalentierten Boxer nur zu gern wieder im Ring gesehen, denn mit 25 beziehungsweise 27 Jahren haben Lara und Rigondeaux ihren sportlichen Zenit noch nicht erreicht. Zudem sind die Nachrücker aus dem riesigen Talentpool, aus dem sich Trainer Pedro Roque bedient, noch nicht so weit, um ganz oben mitzuboxen.
Yankiel León, der Nachfolger von Rigondeux im Bantamgewicht (54 kg), und Rosniel Iglesias, der im Halbweltergewicht (64 kg) Erislandy Lara ersetzen soll, gelten beide als unerfahren, wenn auch talentiert. Insgesamt ist die kubanische Staffel im Vergleich zu früher eine No-Name-Truppe, denn einzig Leichtgewichtler (60 kg) Yordenis Ugás hat etwas mehr internationale Erfahrung vorzuweisen. Der 22-Jährige hat sich 2005 den Weltmeistergürtel umhängen können und gilt in Kuba als einer der Favoriten für das Podest in Peking. Für das olympische Turnier sollen sich, so Cheftrainer Pedro Roque, alle elf Boxer der Staffel qualifizieren. Grundsätzlich sei das Potenzial da, um weiterhin bei Weltmeisterschaften wie Olympischen Spielen zu triumphieren, so Roque. Das bestätigen auch andere Trainer wie der deutsche Bundestrainer Werner Ranze oder Ismael Salas. Der hat zwischenzeitlich den Federgewichtler (57 kg) Yuriorkis Gamboa trainiert, einen anderen kubanischen Fahnenflüchtling. "In Kuba stehen die Talente an jeder Straßenecke und sie werden bis Peking eine schlagkräftige Staffel zusammenbekommen", prognostiziert der Coach.
Anfang der 90er-Jahre hat er die Insel verlassen. Längst hat er sich im Profigeschäft etabliert: Auf dem besten Weg dazu sind auch die drei Kubaner, die beim Hamburger Arena-Boxstall angeheuert haben: Yuriorkis Gamboa, Yan Barthelemy und Odlanier Solis. Schwergewichtler Solis hat gerade in Mailand seinen siebten Profikampf gewonnen, klettert genauso wie Bantamgewichtler (54 kg) Yan Barthelemy in der Weltrangliste nach oben. Schneller als die beiden ist Turboboxer Yuriorkis Gamboa, der Ende Februar in den USA neuer Champion der North American Boxing Federation (NABF) wurde. Angesichts von neun Siegen in neun Kämpfen, wobei acht vorzeitig endeten, bezweifelt kaum ein Fachmann, dass der Wirbelwind aus Guantánamo, großes Potenzial hat.
Das gilt auch für Rigondeaux und Lara, die Arena-Chef Ahmet Öner nur zu gern in Hamburg begrüßt hätte. Auch in Port of Spain, wo das Qualifikationsturnier für Peking in der kommenden Woche beginnt, werden die Talentscouts von Arena und Co. die blutjunge kubanische Staffel unter die Lupe nehmen. Neben Ugás sind Mittelgewichtler Emilio Correa und Schwergewichtler Osmay Acosta weitere Titelaspiranten für Peking, das meint zumindest Kubas einstiger Doppelolympiasieger Ariel Hernández. Der gehört zum Trainerstab von Pedro Roque und war für das Training von Guillermo Rigondeaux mitverantwortlich. Der muss sich das Turnier von Port of Spain im Fernsehen ansehen. Damit ihm das nicht noch einmal passiert, will er demnächst bei Kubas neuem Staatschef Raúl Castro um Gnade bitten.
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