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■ Kuba und die USA verharren in der BlockadeSpiel auf verlorene Zeit

Kubas Revolution ist, 35 Jahre nachdem sie im Sturm die Welt veränderte, eine Insel. Und ihre Reform ist eine Schnecke. Zwei Tage lang tagte nun in Havanna das sozialistische Parlament inmitten der dramatischsten wirtschaftlichen Krise in der neueren Geschichte des Landes. Das Ergebnis war jedoch denkbar dürftig. Die Beschlüsse, die die „Nationalversammlung der Volksmacht“ jetzt traf, segnen lediglich die Maßnahmen ab, die die Staatsführung im Laufe dieses Jahres bereits dekretiert hatte.

Dabei sind die staatlichen Medien in Kuba seit rund drei Monaten dabei, dem Volk zu erklären, daß es schlechterdings keine Alternative zu einem bitteren wirtschaftlichen Reformprogramm gibt. Erstmals wurde die Bevölkerung der sozialistischen Insel damit konfrontiert, daß Haushaltsdefizit und Auslandsverschuldung, Inflation und unbezahlbare Subventionen gravierende Probleme sind, die man viel zu lange vor sich hergeschoben hatte und die nun angegangen werden müssen. Dahinter immer wieder die Message: Ein „Weiter so“ kann es nicht mehr geben. Nur: ganz offensichtlich gibt es auch noch kein politisch umsetzbares „Anders weiter“. Denn spätestens dort, wo wirtschaftliche Reformen die Machtfrage berühren, ist der geeinte Reform-Elan der kubanischen Elite schnell dahin. Im Zweifel, das hat die so erschreckend ergebnislose Sitzung des Parlaments gezeigt, glaubt die Führung in Havanna immer noch, sich ein Spiel auf Zeit leisten zu können.

Auf der anderen Seite jener 90 Meilen, die Kuba von den USA trennen, zeigt sich indes kaum mehr an politischer Beweglichkeit. Ein Jesse Jackson in Havanna macht noch keinen Frühling in Washington. Es habe lediglich „Mißverständnisse“ gegeben, die von der Presse aufgebauscht wurden, versicherte Clintons Lateinamerika-Beauftragter, Alexander Watson, erst vor wenigen Wochen den Hardlinern des kubanischen Exils in Miami: Der Präsident sei der Blockade- Politik gegen Kuba zutiefst verpflichtet, bis freedom & democracy auf der Insel ihren Einzug halten.

Es wäre zu wünschen, daß solche Beteuerungen nur Public-Relations-Arbeit nach rechts sind. Doch gerade in Europa glaubt man nur allzu gerne, daß nach über drei Jahrzehnten die Wirtschaftsblockade der USA gegen Kuba „irrational“ ist, ein „Trauma der Amis“. Aber dies greift zu kurz. In den USA ist die auch ökonomisch enorm starke Gemeinde der Exil- Kubaner ein innenpolitischer Machtfaktor ersten Ranges. Und die Clinton-Regierung scheut davor zurück, einen Konflikt mit ihnen vom Zaun zu brechen. Und auch für die alte Oberschicht im Exil geht es ja nicht nur um das Trauma der Niederlage von 1959, sondern um handfeste Interessen: Wem werden in Zukunft die enteigneten Villen in Havanna und die endlosen Zuckerrohrfelder gehören, wem die Rum- Destillen der Familie Bacardi und wem die Profite aus den Cohiba-Zigarren? Wer nicht weniger als die bedingungslose Rückgabe vor Entschädigung rechtens findet, will keinen aufrechten Verhandlungspartner.

Solange Castros Sozialismus verfault und nicht explodiert, bleibt Kuba für das Weiße Haus ein „low- priority dilemma“, ein Dilemma mit geringer Priorität. Und da treffen sich Clinton und Castro dann wieder: Letzten Endes, so scheint es, schrecken beide die politischen Kosten des Augenblicks mehr als die drohenden Katastrophen der Zukunft. Bert Hoffmann

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