Kritische Blog-Überwachung im Internet: Ich seh dich, SPD!
Die Sozialdemokraten werden künftig von Kritikern in einem speziellen Watchblog im Internet beobachtet. Die Junge Union steckt aber nicht dahinter.
BERLIN taz Ein eigenes Watchblog im Internet zu haben, ist eine fragwürdige Ehre. Man ist einerseits wichtig genug, dass jemand sich ausführlich mit einem beschäftigt - andererseits macht man so viel Blödsinn, dass jemand findet: Das sollte man mal in gesammelter Form aufschreiben. Seit kurzem wird diese Ehre nicht nur der Bild-Zeitung zuteil, sondern auch der SPD.
Auf der Seite spd-watch.de geht es um die sozialdemokratische Partei und ihre Pannen, um die SPD-Berichterstattung in den Medien und auch um inhaltliche Debatten der Partei. Was die Blogger Stefan Weber und Martin Bach unter anderem umtreibt, ist die Frage nach dem Sinn der Nominierung Gesine Schwans als Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin - Strategie, Taktik, Notlösung? Früher haben die befreundeten Blogger Weber und Bach ihre Thesen in der Kneipe oder beim Kaffee diskutiert, seit diesem Frühjahr tun sie es auch auf einer Internetseite. So haben die betroffenen SPD-Abgeordneten auch noch etwas davon: Wenn man sich die Seitenzugriffe anschaue, so Weber, dann fände man darunter auch einige aus dem Bundestag.
"Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass Bloggen als Medium akzeptierter wird", sagt Weber. So sieht das auch Markus Beckedahl, der mit netzpolitik.org das bekannteste deutsche Blog zu Veränderungen im Internet schreibt: "Die Bloggerszene erhält mittlerweile mehr Relevanz." Dass die SPD die einzige große deutsche Partei ist, die ein eigenes Watchblog hat - wobei die rechtsextreme NPD schon lange unter scharfer Beobachtung der Internetgemeinde steht -, lässt Beckedahl nicht als Zeichen dafür gelten, dass die deutsche Bloggerszene generell eher unpolitisch ist. Es gäbe viele Blogs, die sich mit Politik beschäftigen, sagt Beckedahl: "Oft geht es darin auch um SPD-Themen, nur dann eben nicht ausschließlich."
Die Sozialdemokraten stehen bei SPD Watch unter Einzelbeobachtung, weil sie es nach Meinung der Macher in letzter Zeit besonders gründlich versemmelt haben. "Es kann doch nicht sein, dass eine Partei, die über viele Jahre die deutsche Politik stark geprägt hat, so aus dem Ruder läuft", sagt Weber. Kurt Beck? Unglaubwürdig. Die Inhalte? Unklar. Und weil die SPD eine wichtige Partei in Deutschland ist, so Weber, kann sie auch viel Schaden anrichten.
Bei der SPD selbst ist man kritische Beobachtung gewohnt, deswegen trägt man die Blog-Überwachung mit Fassung. "Damit haben wird nichts zu tun, das sind Privatleute", hieß es aus der Pressestelle der Partei. In der Tat steckt hinter SPD Watch kein Hobbyblogger aus der Jungen Union. "Niemand der an SPD Watch Beteiligten ist in einer politischen Partei", betont Weber. Auch zu anderen Parteien würde Weber genug einfallen, um ein Watchblog zu füllen, aber "irgendwo muss man ja anfangen".
Dass die meisten Parteien auf ihr persönliches Watchblog noch warten müssen, hat für den Polit-Blogger Beckedahl übrigens gute Gründe: In Deutschland funktioniere das Mediensystem, im Vergleich etwa zu den USA nach dem 11. September, einfach sehr gut. "Dort waren Blogs ein Alternativmedium. Hier erfüllen oft die Tageszeitungen die Aufgaben von Blogs."
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