Kritik an Minister Niebel: Deutsche Entwicklungshilfe rückläufig
Laut eines OECD-Berichts sank der Anteil der Entwicklungshilfe an der deutschen Wirtschaftsleistung im letzten Jahr. Die Rede ist von einer "eklatanten Diskrepanz".
BERLIN afp/taz | Die deutsche Entwicklungspolitik steht erneut in der Kritik. SPD und Grüne griffen Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) an, nachdem die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mitteilte, dass Deutschlands Hilfe für arme Länder letztes Jahr zurückgegangen ist. Der Anteil der Entwicklungshilfe am deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank demnach von 0,38 auf 0,35 Prozent. In diesem Jahr werde er zwar voraussichtlich auf 0,4 Prozent steigen, Deutschland bleibe damit aber hinter seiner Zusage zurück, 2010 mindestens 0,51 Prozent des BIP für Entwicklungshilfe bereitzustellen. Ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums sagte, für das fehlende Geld sei die Vorgängerregierung verantwortlich.
Nur Griechenland, Portugal und Italien hatten in der EU schlechtere Quoten als Deutschland, so die OECD. Die Gesamtsumme der deutschen Entwicklungshilfe sank von 14 auf 12 Milliarden Dollar, größtenteils weil weniger Schulden erlassen wurden. Bereinigt um Schuldenerlasse stieg die Hilfe um 798 Millionen Dollar oder 7,2 Prozent.Vorbildlich bleiben laut OECD Schweden, Luxemburg, Dänemark, die Niederlande und Belgien. Sie erfüllen bereits jetzt das UN-Ziel, bis 2015 mindestens 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungshilfe auszugeben.
Insgesamt erhöhte sich die globale Hilfe leicht auf rund 120 Milliarden Dollar. Frankreich erhöhte die Ausgaben auf rund 12,5 Milliarden Dollar und zog damit an Deutschland und Großbritannien vorbei auf Platz zwei. Größtes Geberland blieben die USA mit 29 Milliarden Dollar.
Die OECD kritisierte, dass fünf Jahre nach dem G-8-Gipfel in Gleneagles ein Teil der Industriestaaten hinter den damaligen Zusagen zurückbleibe. Damals hatten die G-8-Staaten beschlossen, ihre Entwicklungshilfe bis 2010 um 50 Milliarden Dollar aufzustocken. Davon fehlen noch mehr als 20 Milliarden.
Tobias Hauschild von Oxfam kritisierte, angesichts eines erhöhten Entwicklungshaushalts sei die Absenkung der Hilfe umso erstaunlicher: "Die Bundesregierung ist nun gefragt, diese eklatante Diskrepanz zu erklären."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken