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Kritik am Einheitsabitur„Ohne Goethes 'Faust' geht es nicht“

Das Einheitsabi ruft nicht bei jedem Begeisterungsstürme hervor. Zentrale Bildungsstandards senken das Niveau, fürchtet der Lehrer-Vertreter Josef Kraus.

Hinter der Einheit muss der „Faust“ erkennbar sein. Bild: dpa
Bernd Kramer
Interview von Bernd Kramer

taz: Herr Kraus, bayerische Schüler sollen bald ähnliche Abituraufgaben lösen wie die in Bremen. Wer muss mehr Angst haben?

Josef Kraus: Es kommt darauf an, ob man sich am bayerischen oder am Bremer Niveau orientiert. Ich befürchte, dass es auf ein mittleres Anspruchsniveau hinausläuft als Kompromiss. Das zeigen alle Vereinbarungen, die die Kultusminister die letzten 25 bis 30 Jahre getroffen haben. Mündliche Noten, die tendenziell besser ausfallen, zählen heute zum Beispiel mehr als früher.

In Bayern machen auch weniger Schüler das Abitur und man siebt stärker aus.

Mehr Schüler zum Abitur zu führen, geht zwangsläufig zulasten der Qualität. Abiturpolitik kann nicht Sozialpolitik sein. Es geht darum, dass junge Leute in der Lage sind, zu studieren. Da hat Sozialpolitik nichts zu suchen.

Bei Bildungsstandards geht es eher um Kompetenzen als um Faktenwissen. Warum sollte das ernsthaft mit einem Niveauverlust einhergehen?

Standards sind mir schlicht zu vage. Es ist problematisch, wenn die Schule nur noch abstrakte Kompetenzen vermitteln soll. Man sollte den Mut haben, einen Pflichtkanon festzulegen. Ohne Goethes „Faust“ geht es nicht.

Josef Kraus

63, leitet seit 1987 den Deutschen Lehrerverband. Hauptberuflich ist er Oberstudiendirektor am Maximilian-von-Montgelas-Gymnasium in Vilsbiburg, Bayern, außerdem schreibt er Artikel und Bücher. Zuletzt erschienen: „Bildung geht nur mit Anstrengung“.

Ist es nicht wichtiger, dass man grundsätzlich mit literarischen Texten umgehen kann?

Nein, das ist mir zu wenig. Dann kriegen wir kulturlose und geschichtslose junge Leute. Solche Werke zu kennen, ist Teil von Bildung. Bildungsstandards brauchen für mich eine kanonische Unterfütterung. Ohne Kenntnisse zentraler literarischer Werke oder auch der Bibel kann man unsere Kultur nicht begreifen.

Von einem Kanon profitieren die Kinder, in deren Familien Goethes Werke bereits im Regal stehen. Ist es nicht gerechter, sich an Grundkompetenzen zu orientieren statt an bildungsbürgerlichem Wissen?

Was spricht gegen einen klassisch bürgerlichen Kanon? Es ist doch auch für Schüler aus sozial schwächeren Schichten eine große Chance, anspruchsvolle Literatur kennenzulernen, wenn die Schule Wert darauf legt.

Also müsste als Nächstes ein bundesweit einheitlicher Lehrplan für die Oberstufe folgen.

Ich bin dafür, 50 Prozent bundesweit vorzugeben und die anderen 50 Prozent des Stoffes den Ländern zu überlassen.

Warum vereinheitlichen wir das Gymnasium nicht ganz?

Wenn sich die Länder konsequent an das Vereinbarte halten, ist es mir egal, wie sie es machen. Ich bin sehr für föderalen Wettbewerb.

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28 Kommentare

 / 
  • K
    kritiker

    Verlangt einen 3-Teilklausuren-Aufnahmetest

    zu 3 unterschiedlichen Terminen für die

    NC-Fächer und konzentriert Euch mehr

    auf die Vermittlung von Naturwissenschaften

    und Sprachen nach tatsächlich erreichten Qualitätsstufen und nicht nach Lehrplanumfängen.

    Haltet den Lehrplan für begabte SchülerInnnen

    dynamisch ausbaufähig. Bemüht Euch aber um die

    Absicherung der Mindeststandards.

    Ordentliches Lesen, Rechnen, Schreiben, Sprechen,

    sich ausdrücken und musisch und zeichnerisch zu

    artikulieren und die Technik des effektiven

    Lernens mit Büchern und Mitschreiben im Unterricht,

    sowie soziale Einhaltung von Standards sind wichtiger als bestimmtes spezielles Faktenwissen

    ohne Praxisbezug!

    Weitet den Erlebnishorizont aus, sichert

    das die miteinander kompatiblen Lehrer und

    SchülerInnen zueinander finden.

    Praktiziert im Kindesalter Demokratie.

    Achtet auf eine Kindheit der SchülerInnen

    frei von Mißhandlungen und Kriminalität!

    Besinnt Euch auf das Wesentliche!!!!

    Und erspart uns die Scheininnovationen

    der Bildungsgleichschaltung

    und der Lehrkanonüberfrachtung!

    Haltet die Kultur spannend, damit sie nicht

    ausstirbt und vom Volk noch getragen und

    behütet wird.

  • K
    kritiker

    Deutschland braucht kein Einheitsabitur,

    aber jede SchülerIn das Recht sich

    das Abitur unabhängig vom Wohnsitz

    nach eigenen Willen auszusuchen und

    gegebenfalls per Fernstudium oder Internat

    zu absolvieren.

     

    Deutschland braucht keine hochmobile

    LehrerInnenschar, die bei jeder Verbeamtung

    und Gehaltssteigerung von einem Schuljahr

    auf das nächste abhaut und die Austrocknung

    armer Bundesländer und Landstriche beschleunigt

    und keinen ruinösen Preiskampf, um die besten

    LehrerInnen, die Kinder armer Regionen systematisch

    abhängen.

     

    Das förderale System hat den Vorteil, dass

    wenigstens nicht alle versagen.

    Und wer denkt, die auf Bundesebene beförderten

    Bildungsverantwortlichen sind klüger, als

    die auf Landesebene und wären strikt nach

    objektiven Erfolg und Kompetenz ausgesucht,

    der ist wirklich naiv. Bildung wird durch niemandem

    perfekt gestaltbar sein, deshalb muss eine

    Demokratie den Ideenwettstreit und die Machtbegrenzung praktizieren, um die einzelnen

    Gestalter der Bildungspolitik und der

    Bildung in der Praxis zur Entfaltung kommen

    zu lassen. Demokratie ist komplexer

    als Bastapolitik und das setzt höhere kognitive

    Reflektionsmöglichkeiten und ein ehrliches

    Qualitätsmanagement mit Konsequenzen voraus.

     

    Die Vielfalt der Lehrverlage,

    Medienproduktionsunternehmen ist beschützenswert

    und damit auch die Vielfalt der

    kultur-und geisteswissenschaftlichen SpezialistInnen

    und Medienprofis, die qualitativ eher noch

    besser werden müßten. Es ist niemandem gedient

    diese Berufszweige auszutrocknen durch eine

    Überradikalisierung der Bildungsgleichschaltung.

     

    Gleichschaltung ist antidemokratisch,

    personenzentriert, dogmatisch und ideologisch

    überladen und der BRD unwürdig.

    Unfähige BildungspolitikerInnen und

    Lehrgremien in miserablen Bundesländern

    gehören samt den unfähigsten Lehrpersonal

    konsequent umgeschult und amtsenthoben.

    Wer über andere Menschen Zukunft richtet, muss

    sich das auch selbst gefallen lassen.

  • KK
    Karl K

    Lost in translation? 2.0

     

    von yaltenbrucker:

    @von Karl K:

    Echt? Einstein, Bohr, Born waren Altphilologen? Lustige Idee ;-)

    Du hast anscheinend seltsame Vorstellungen von der Schulbildung damals. Natürlich waren damals alle auf humanistischen Gymnasien, aber auch dort wurde einem die Mathematik nicht geschenkt."

     

    Na gut, ich probiers mal.

    Einstein,Italien/Schweiz+Polytechnikum( ihn meinte ich);

    Bohr= Däne; zu ' Altphilologen' muß ich nix sagen;

    Born, vulgo: altsprachl. Gym; studierte erst Jura!

    mein Alter03: Latein/Griechisch? 1.Gym am Platze - steckte meine Lehrer locker in den Sack.

    Aber Mathe? Seine Bücher? auhauerha.

    Souverän winkte er beim mittäglichen Mathe/Physikschwurbeln ab.

     

    Tja. Die Pflege von Vorurteilen muß auf Dauer doch mal langsam bißchen langweilig werden - odr!?

     

    Ps By the way: im Witz meint der alte Prof: " ja, ja Dichtung - na für Physik hatten Sie zu wenig Phantasie" - den, dacht ich, würde so ein bannig fixen Dutt bi de Klütenpann liggers kennen- ne!?

  • KK
    Karl K

    von yaltenbrucker:

    @von Karl K:

    Echt? Einstein, Bohr, Born waren Altphilologen? Lustige Idee ;-)

    Du hast anscheinend seltsame Vorstellungen von der Schulbildung damals. Natürlich waren damals alle auf humanistischen Gymnasien, aber auch dort wurde einem die Mathematik nicht geschenkt."

     

    Na gut, ich probiers mal.

    Einstein,Italien/Schweiz+Polytechnikum( ihn meinte ich);

    Bohr= Däne; zu ' Altphilologen' muß ich nix sagen;

    Born, vulgo: altsprachl. Gym; studierte erst Jura!

    mein Alter03: Latein/Griechisch? 1.Gym am Platze - steckte meine Lehrer locker in den Sack.

    Aber Mathe? Seine Bücher? auhauerha.

    Souverän winkte er beim mittäglichen Mathe/Physikschwurbeln ab.

     

    Tja. Die Pflege von Vorurteilen muß auf Dauer doch mal langsam 'n bißchen langweilig werden - odr!? - odr!?

  • Y
    yaltenbrucker

    @von Karl K:

    Echt? Einstein, Bohr, Born waren Altphilologen? Lustige Idee ;-)

    Du hast anscheinend seltsame Vorstellungen von der Schulbildung damals. Natürlich waren damals alle auf humanistischen Gymnasien, aber auch dort wurde einem die Mathematik nicht geschenkt. Nix mit abwählen und lieber Religion als Abiturfach.

    Ja, bei der Physik kommt es auf Phantasie an - aber wenn ich die Grundlagen nicht beherrsche, kommt eben auch nur Phantasie raus. Ohne Analysis, Lineare Algebra, Statistik etc. werde ich nicht einmal die elementaren Basics der Physik verstehen, keine Lorenzgleichungen, kein Gravitationsgesetz, keine Thermodynamik und unter Garantie keine Quantenmechanik. Und wenn ich diese Dinge nicht beherrsche, hilft mir die Phantasie auch nicht weiter.

    Natürlich kann man mit mangelhafter Schulmathematik Physiker werden (vielleicht sogar, wenn man aus Bremen oder Berlin kommt), man muss sich dann allerdings die ersten drei Semester voll darauf konzentrieren. Die eigentliche Physik fängt erst danach an.

    Wer schon die richtigen Grundlagen mitbringt, kann schon früher das tun, weshalb er sich dieses Studium ausgesucht hat.

  • D
    Denker

    Auch in Bayern gibt es genügend Schüler, die nach 9 Jahren die Schule ohne ordentliche Lese- und Rechenfähigkeiten verlassen. Da wundert man sich was die Lehrer im Lande der "Dichter und Denker" eigentlich in der Schule machen

  • KK
    Karl K

    @von yaltenbrucker:

     

    Lustig; immer die Vorurteile pflegen; immer schön den Balken im eigenen Auge dabei übersehen. Und - pejorativ, will eben gelernt sein.

    Sonst ist man schnell beim Lehrerklassiker ( wie auch Herr Kraus) : " Er war Lehrer und sie schnitt…"

     

    Nicht München, sondern Marburg galt vor gut vierzig als die beste Mathematische.

    Wiewohl Nordlicht mit Infini&Differen&Vektorrechnung stand ich nach zwei Jahren Bund

    schwer dämlich vor Linearer Algebra.

    Will sagen - es schadet nicht, wenn man mehr als die Grundrechenarten kann.

    Über den Erfolg - auch in einem Fach wie Physik - entscheidet aber vor allem Phantasie

    ( den schönen Witz über den schriftstellernden Ex-Physikstudenten setz ich als bekannt voraus).

     

    Auch sei daran erinnert, daß die Leistungen auf dem Gebiet der Physik und der Naturwissenschaften insgesamt in den 20er Jahren durchweg von wenig mehr als die Grundrechenarten beherrschenden Altsprachlerm - der Generation meines Vaters - erbracht worden ist.

    Polytechnische Erziehung? - das war Schweiz; für die Neusprachler galt wenig anderes.

    So geht das.

  • Y
    yaltenbrucker

    Als ich vor etwa 20 Jahren an der Uni München Übungsgruppen für Studenten leitete, war das Problem auch schon da: Quietschies aus Hamburg oder NRW musste man erst einmal die Basics beibringen. Von Grundrechenarten hatten zwar alle schon gehört, aber welcher Teufel die damals ritt, ohne Plan von Integration und Differenzierung Physik studieren zu wollen, ist mir heute noch schleierhaft. "Hamwa inna Schule nich gelernt".

    Wenn, wie der Typ aus dem Norden ankündigte, für Bremer das Abitur nicht schwerer werden soll, können sich bayrische Schüler in Zukunft mit Beginn der LK-Stufen schlafen legen. Die Sorte Abitur reißt man dann schließlich auf einer Pobacke runter. Da möchte man doch glatt nochmal Abitur machen - der anstrengungslose Einser wäre gesichert ;-)

  • B
    BildunG!

    Wem Bildung wichtig ist, der verschwendet seine Zeit nicht mit Noten.

  • L
    Lehrerabi

    Die Schüler können bundesweit die selben Fragen bekommen. Sie können aber nicht mal die gleiche Vorbereitung bekommen. Geschweige denn, die selbe.

    Identische Fragen mit identischen Punkteschlüsseln sind grob unfair und treffen keine hinreichende Leistungsbeurteilung, wenn Lehrer A in X eine unmotivierte Pappnase mit Teildurchblick ist und Lehrer B in Y ein engagierter Vermittler von Wissen, mit ansteckender Begeisterung.

    Wer also das Einheitsabi will, muß auch die leistungsabhängige Besoldung für Lehrer wollen. Wobei die Leistung am Notenschlüssel der eigenen Schützlinge zu bemessen ist. Und nur daran. Denn nur an den Noten werden auch die Schüler gemessen, wenn es um ihr Abi geht.

    Wer glaubt, er könne Schüler bundesweit gleich bewerten, kann das auch mit Lehrern tun. Und wer glaubt er müsse einem Schüler kein Abi gewähren, weil der nicht genug geleistet habe, der darf auch einem Lehrer Teile dessen verwehren, was er dafür bekommt, daß er Schüler auf das Abi vorbereitet.

    Wenn schon, dann richtig.

  • G
    gerd.

    Da frage ich mich schon seit Jahrzehnten, warum ich unsere Kultur nicht begreife... und endlich erfahre ich es: Der gute, alte Faust hat mir gefehlt!

     

    Bleibt die Frage, inwieweit sich "unsere Kultur" heutzutage überhaupt so klar fassen und begreifen lässt in unserem immer stärker individualisierten, vernetzten und durcheinandergewürfelten Umfeld?

  • M
    Mephisto

    Faust? Hihiii ... – Als wir den in der elften durchnehmen sollten (wir sprechen von Bayern im Jahre des HErrn 1970 ...), habe ich während diverser Deutschstunden nach dem Durchlesen einer kurzen Zusammenfassung auf Wikipe ... – quatsch: in einem Literaturlexikon in der Stadtbibliothek – in eine A5-Kladde ein "Fäustling" betiteltes Satiresurrogat geschrieben. In Sütterlin; das haben wir in der Volksschule noch gelernt. Ein grotesk-albernes Elaborat im Sinne der damals gerade ins Licht der Öffentlichkeit kommenden Insterburger & Co. Der völlig verknöcherte Deutschlehrer bescheinigte mir (der ich im Original nie weiter als bis zum "Pudels Kern" vorgedrungen war ...) wörtlich: "Ich sehe, Sie haben Ihren Faust mit Gewinn gelesen und verstanden."

  • W
    wauz

    Die Bankrotterklärung eines Pädagogen

     

    Die Ansicht, "Mehr Schüler zum Abitur zu führen, geht zwangsläufig zulasten der Qualität" korrespondiert mit der leider immer noch weit verbreiteten Ansicht, dass ein Notenspiegel einer Klasse einer Gauß'schen Normalverteilung zu entsprechen habe. Mal abgesehen vom statistischen Unsinn, steckt damit eine Überzeugung dahinter, dass "Leistung" allein vom Schüler abhängt und von vornherein feststeht. Das bedeutet: der Lehrer hat keinen Einfluss auf die (Leistung der) Schüler.

    Das trifft sogar zu: auf solche Lehrer wie den Herrn Kraus hier.

    Untersuchungen in anderen Ländern, z.T. auch aus der BRD zeigen jedoch ganz deutlich, dass die Hypothese von der Lehrerunabhängigkeit der Schülerleistung nicht haltbar ist.

    Fazit: unsere Schulen leiden vor Allem an solchen Deppen wie diesem Herrn Kraus. Zusätzlicher Beweis dafür ist die hohe Nachhilfequote im Bundesland Bayern. Das "hohe Leistungsniveau" dort wird nicht von der regulären Lehrerschaft erzeugt...

  • Z
    Zeus35

    @ Karlo

     

    Verzeihung, aber das ist genau der Unsinn der von Besitzstandswahrern verbreitet wird.

     

    Von welcher Vielfalt reden Sie da? Wo ist in den klassischen Fächern Vielfalt nötig? Mathematik ist überall gleich, Bio, Physik und Chemie ebenso, sogar die Sprachen sollten einen gleichen Standard haben. Sie wollen individuelle Unterschiede, aber gerne, im Sport oder Kunst, meinetwegen auch in sozialen Fächern, aber die Basis braucht keine Vielfalt. Vielfalt wollen nur die Verlage oder Leute die um ihren Job fürchten.

     

    Was wäre wenn die Firmen Leute bekämen die alle das gleiche gelernt haben? Mal davon abgesehen, dass der Unterschied immer noch die Persönlichkeit des Einzelnen ausmacht, vielleicht bräuchten die Firmen niemanden mehr zur Nachschulung schicken, damit die Bewerber ihren Namen richtig unter den Vertrag setzen.

     

    Schauen Sie sich mal das Schulsystem in Japan an, Grundschule, Mittelschule, Hochschule, Studium. Wenn sie schon in den fernen Osten schweifen.

  • F
    Falmine

    Ich bin für einen Bildungskanon. Einen Allgemeinbildungskanon. Was jungen Leuten derzeit an Allgemeinbildung fehlt, lässt sich im Studium nicht mehr aufholen. Deshalb hoffe ich auf eine Allgemeine Hochschulreife, die sich am bayerischen Niveau orientiert. Da muss die Schule das leisten, was das Elternhaus nicht bieten kann. http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Hartmann_(Soziologe)

  • D
    D.J.

    @Zeus35,

     

    ich befürchte, die DDR ist nicht vergleichbar. Es ist etwas anderes, ob ca. 10% einer Jahrgangsstufe Abi machen (wie dort) oder 50% (wie in NRW). Natürlich geht das zulasten der möglichen Ansprüche (auch wenn ideologisierte Realitätshasser diese Banalität gern ausblenden). Womit übrigens nichts über den möglichen Sinn einer hohen Abiturientenquote ausgesagt ist. Es kann aber nicht sein, dass hier in NRW teilweise Erstsemster an der Uni auftauchen, die unfähig sind, auch nur einen vernünftigen deutschen Satz schriftlich abzusondern (und damit meine ich nicht einmal Migrantenkinder).

    Ich beaobachte hier, dass die Schere zwischen sehr fähigen Abiturienten und faktisch Studierunfähigen immer größer wird. Ist es möglich, dass linke Schulpolitik genau das Gegenteil von dem erreicht, was beabsichtigt ist?

  • AG
    Anton Gorodezky

    "Mehr Schüler zum Abitur zu führen, geht zwangsläufig zulasten der Qualität."

    Das kommt doch wohl ganz auf die Umsetzung an. Wenn man tatsächlich nur die Anforderungen senkt, stimmt das. Es sollte aber auch durch verbesserte Lehre und verbesserte Lehrbedingungen möglich sein. Eine ganze Bildungsindustrie beschäftigt sich damit, verzogene Söhnchen und Töchterchen, die im staatlichen Schulsystem nichts geworden sind, in Privatunterricht zum Abitur zu führen (kann man in Julia Friedrichs "Gestatten Elite" nachlesen).

     

    So weit muss es ja nicht gleich gehen, aber wenn man Standards festlegt, sollte man sich an den ostdeutschen Bundesländern oder an Bayern orientieren und nicht an den Dünnbrettbohrern aus den Stadtstaaten. Neulich im Fernsehen war der Unterschied in der Denkweise sehr schön von Lehrern der jeweiligen Länder auf den Punkt gebracht. Hamburg: wir orientieren unsere Anforderungen am Können der Schüler. Bayern: Am Ende sollen die Schüler das meistern, was der Lehrplan für sie vorsieht.

     

    Warum sollte ein Zentralabi, das auf Länderebene schon funktioniert, nicht bundesweit durchführbar sein.

  • LL
    Lehrer Lämpel

    Wie wahr Herr Kraus, die Abiturienten sollen fähig sein zu studieren. In NRW und Niedersachsen, beide Curricula kenne ich, sind sie es definitiv nicht.

     

    Ich vermute hinter dieser Kampagne steckt eine versteckte Subvention für die Bertelsmann-Stiftung. Da ja Kultusminister in der Regel Juristen sind oder "mal was mit Lehramt" zu tun hatten, brauchen sie jemand, der ihnen die Lehrpläne schreibt und erklärt. Dass dabei sachlich völlig falsches herauskommt und dass dann die falschen Begriffe als "didaktische Rekonstruktion" verkauft werden, das ist ein weiterer Skandal. Es würde sich anbieten einmal die finanzielle Situation dieser ominösen Stiftung anzuschauen, ob sie gerade wieder dabei sind Almosen einzuwerben.

     

    In dieser "Koofmich"-Republik haben die verbeamteten Schnarcher einfach "das kaufmännische Rechnen und die Anforderungen an eine Bürofachkraft" zum Bildungsstandard für das Abitur erhoben. Es wird darauf gezielt hingearbeitet mit "höherem" Schulabschluss die Arbeitnehmer für niedere Tätigkeiten zu "qualifizieren". Das spart Kosten und macht einen guten Eindruck siehe "Schavansche Bildungsrepublik". Wie sonst ließe sich erklären, dass bei den Ingenieurswissenschaften 50% das Studium abbrechen?

     

    Mir ist es einfach nicht mehr möglich guten Gewissens zu unterrichten, weil ich nur noch einen naturwissenschaftlichen Schweizer Käse vermitteln muss. Die Löcher sind übrigens die Grundlagen.

  • B
    Brandeis

    Ich kann Herrn Kraus nur zustimmen. Die diskutierte Vereinheitlichung ist nur eine weitere Auswucherung, des Ansatzes, dass mehr Leute Abitur machen müssen (was ja nicht schlecht ist), und wenn es nicht klappt, werden die Standards abgesenkt (was in den Ruin führen wird). Faktenwissen kann zudem nicht durch Verständnis und Systematik ersetzt werden, weil dann ein vernünftiges Fundament für den Einsatz solcher Fähigkeiten fehlt. Fehlt eine entsprechende Geschichts- und Literaturkenntnis, steuern wir auf das zu, was Orwell in "1984" (würde ich in den Kanon für englischsprachige Literatur aufnehmen) beschrieben hat, nämlich völlige Schutzlosigkeit gegen Geschichtsfälschung und vorgegebene Denkmuster. Cui bono?

  • OV
    Olav van Gerven

    Grundsätzlich sehe ich das Problem, dass durch die föderale Strukturen im Bildungssystem das Recht auf eine der Begabung entsprechende Bildung nicht gewährleistet werden kann. Jeder kann sich hinter jedem Verstecken und am Ende ist keiner Verantwortlich.

     

    Die Forderung der 68-er Generation, dass jeder die Chance bekommen sollte zu studieren, bezog sich auf die wirtschaftliche un soziale Situation der Eltern, nicht auf die Fähigkeiten des Kindes. Allerdings ist das in der PRaxis daraus geworden. Hinter vorgehaltenen Hand höre ich Lehrpersonen sagen, dass bis zu 50% der Kinder die ein Gymnasium beginnen, eigentlich Overachiever sind - Kinder also die durch immensen Druck dazu gebracht werden einen Performance zu zeigen, die ihre Fähigkeiten eigentlich nicht enstpricht.

     

    Das ist Menschunwürdig, aber die logische Folge der Abwertung aller anderen Schulformen. Ohne Abitur ist man in Deutschland nichts. Und da liegt der Fehler im System. Wer es schafft, Kinder wirklich unabhängig ihres Umfeldes, Herkunft, Geschlecht oder der Status der Eltern Bildungschancen zu eröffnen, und zwar den Begabungen des Kindes entsprechend, wird nicht nur etwas Gutes für die Kinder, sondern auch für das Bildungssystem als solches tun.

     

    Es gibt nur eins was dagegen spricht: Auch diejenigen die heute, trotz entsprechende Begabung, aufgrund ihrer Situation keine Chance auf ein Gymnasium bekommen, würden dann ihr Abitur erreichen. Und das könnte die, die als alt-68ern jetzt die Macht haben, in bedrängnis bringen.

  • F
    Faust

    Einen Kanon festlegen? Faust Pflicht?

     

    Von vielen Werken sollte jeder Schüler zumindest einmal gehört haben, und dennoch kann ich sie nicht immer als Pflichtliteratur festlegen, der Schultag ginge sonst bis in die späten Abendstunden.

     

    Als Schule habe ich nur die Möglichkeit das Interesse für Literatur zu wecken und die Grundlagen der Bearbeitung und Interpretation zu erlernen. Ob ich das an Goethes Faus praktiziere oder an Tolkiens Herr der Ringe spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle!

     

    Und wenn Faust Pflicht ist, was ist dann noch Pflicht, worauf sich unsere ach so tolle abendländiche Gesellschafft aufbaut?

     

    Genererationen, die den Faust gelesen haben, starben in Schützengräben und verteidigen unsere Freiheit am Hindukusch. Seien sie sich sicher, jeder Bundeswehroffizier hat Goethes Faust gelesen.

     

    Pflichtliteratur ist für Menschen, die Samstagabend in die Oper gehen um sich in feiner Gesellschaft über den aktuellen Walser zu unterhalten. Eine bessere und gerechtere Welt schaffen wir damit nicht!

     

    Wenn meine Kinder später wissen, was Nächstenliebe und Umweltschutz bedeutet, ist das tausend wichtiger, als das sie Literatur von 300 Jahren kennen.

     

    Schön sie zu lesen ist es, aber notwendig nicht! Weder für einen Studenten noch für einen Arbeiter.

  • KK
    Karl K

    Einheit - hat irgendwie son speziellen Klang.

     

    Aber wenn ich dann den Herrn Oberstupidiendirektor

    und Leiter des Deutschen Lehrerverbandes Kraus lese!?

     

     

    Ja dann muß ich als knapp Älterer über Herrn Kraus schon schmunzeln.

    Da isser wieder der Bildungskanon, der saudamisch-bayrische halt.

     

    Gut - mir san mir. Hom's überhaupt an Apritur, an bayrisches. Versteht sich.!?

    Was will man auch anderes erwarten.

    ( setzt sich in Jura-Examina fort - aber Hallo!)

     

    Aber: - " ohne Faust geht's nicht!" - ?

    Ham's das nicht 'n bißchen kleiner.

    Schon mal gehört: Aufklärung und so?

     

    Gewiß - Abi auf dem ' Ascheimerzug' ( math.-nat.) an dem! Gymnasium.

    Goethe? - oh ja, - Klaus Kinski - nach Franz Mohr, Torquato Tasso - als Faust II im Colosseum. Spitze - randalierend mit real brennendem Kerzenleuchter, pöbelnd - un-erhört! Aber mehr?

    Eine Frage der Möge. Ja, aber mehr bitte nicht.

     

    Faust? Nö. Lessing. Kafka. Ja.

    - 'Die Leiden des…? - " Na, Schiller, …den hätt ich besser weggelassen; zu viel Gelächter in der Klasse."

    'Katz und Maus', die ' Kirschen der Freiheit' - Ideen der Schüler.

     

    So geht's doch auch. Und eure oktroyierenden Bildungskanonen mottet mal flugs wieder ein.

    Die Weisheit: daß Lehrer von ihren Schülern en passant mehr lernen können!,als diese meist von ihnen, scheint in bayrische Lehrerschädel noch nicht eingedrungen zu sein.

    Vielleicht mal wieder Oskar Maria Graf aus dem Regal klauben!?

    Pink Floyd The Wall - you remember?

  • T
    Taralius

    Einheitliches Abitur mit föderalem Schulsystem klingt irgendwie nach Währungsunion ohne gemeinsamer Finanzverwaltung ... wie gut das funktioniert ist ja bekannt

  • B
    Biermösl

    Mit der Aussage, ohne Goethes Faust gehe es nicht, hat sich der Herr schon disqualifiziert. Als wäre das bedingungslose Voraussetzung für eine solide Grundbildung... und als gäbe es nicht zahlreiche, qualitativ mindestens gleichwertige Alternativen.

  • R
    RiCl

    "Was spricht gegen einen klassisch bürgerlichen Kanon?"

     

    Zum Beispiel, dass er leer und hohl geworden ist, graue Asche ohne Glut. Was sollen Werke von vor 200 Jahren denn Menschen bedeuten, die sich aus einer heutigen Welt heraus anschicken, Teil dieser "buergerlichen" Schicht zu werden? Der "bürgerliche Kanon" ist die papiergewordene Klassengrenze des 19. Jahrhunderts. Kraus fordert Foederalismus doch nur, damit das kulturelle Zentralkommittee des Buergertums noch ein bisschen weiterexistieren kann.

     

    Aber selbst wenn man ihn modernisieren koennte, kann denn ein einziger solcher Kanon der Vielfalt der heutigen Welt ueberhaupt noch gerecht werden? Meiner Ansicht nach auch nicht.

  • K
    Karlo

    Schauen sie einmal nach China, Zeus35, wenn sie derartige Bildung in Deutschland wollen, nur zu. Aber wundern sie sich bitte anschließend nicht, dass unser Bildungssystem nur noch gleichmacherisch tätig ist und Einheitsköpfe den Abschluss erreichen. Zwar kann man die Abschlüsse dann "endlich" wirklich vergleichen, wie es von der Wirtschaft gefordert wird, in Wahrheit schrumpf die Vielfalt der Bildung insgesamt. Das wiederum hat dramatische Auswirkungen auf Fortschritt, Entwicklung, Kreativität und Ideenreichtum.

     

    Stellen sie sich ein Unternehmen vor, wo alle Mitarbeiter die gleiche Bildung genossen haben, die bis ins kleinste Detail identisch war. Dort findet man keine Vielfalt, sondern Einfalt und die ist im globalen Wettbewerb ein enormer Nachteil. Egal ob DDR, China oder andere Staaten mit einheitlichem Bildungssystem, um den Horizont der Menschen, die es durchlaufen, zu öffnen, bedarf es mehr als Einheitsbrei, den die Meisten nach 5 Jahren ohnehin wieder vergessen haben.

  • TS
    Tafel Schwamm

    Oh je...

    Dann wird das Abitur in Bremen nun also leichter. Könnte bitte mal jemand recherchieren und gegenüberstellen, wie die Abiturprüfungen in den einzelnen Bundesländern genau aussehen?

     

    Ich weiß nur, dass im Englischen die Anforderungen in Bremen viel höher liegen, wenn man Kompetenzen wie eigenständige Texte verfassen, Textanalyse und bewertendes Urteilen ausgeht. In Bayern werden viele kleine Fragen beantwortet, bevor ein Textlein zu schreiben ist.

     

    Der Unterricht und das Menschenbild vor der Prüfung mag in Bayern härter (antiquierter?) sein, nun wird es die Prüfung am Ende wohl auch. Viel Erfolg...

  • Z
    Zeus35

    "Zentrale Bildungsstandards senken das Niveau, fürchtet der Lehrer-Vertreter Josef Kraus."

     

    Was kann man schon von Leuten erwarten die durch die westlich geprägte Verdummungsmaschine, genannt: "Förderales Schulsystem" gegangen sind.^^

     

    Diese nutzlosen Luschen sollten sich mal den Bildungsstand anschauen den Schüler nach Beendigung der Schule in der DDR oder UDSSR hatten, die steckten jeden West-Abiturienten locker in die Tasche.

     

    Aber was in anderen Ländern tadellos funktioniert, wird von deutschen Kleingärtnern, die eifersüchtig ihre Parzelle bewachen, schon immer kaputt geredet.

    Kennt man ja.

     

    Die große Angst dahinter wird wohl sein, dass wenn erst das Abi vereinheitlicht wird, dann demnächst womöglich noch die ganze Schulbildung, Bundesweit!

    Da geht natürlich allen Mitarbeitern und Beteiligten der Schulministerien der Arsch auf Grundeis.

    Und den Verlagen erst recht, wo käme man hin wenn in allen Bundesländern die gleichen Bücher benutzt würden, mehrmals?!

     

    Das gilt es zu verhindern! Aber bis 2017 kann ja noch viiieeel passieren, gelle?