piwik no script img

Krise beim Flaggschiff des ZeitungsmarktesSüddeutsche Zeitung auf Sparkurs

Weil die Anzeigen noch dramatischer eingebrochen sind als gedacht, muss bei der Stuttgarter und der Süddeutschen gespart werden. Betroffen sind besonders die Redakteure.

Was haben Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung gemeinsam? Denselben eher undurchsichtigen Mutterkonzern namens Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) - und demnächst weniger Mitarbeiter in der Redaktion. In München tagt deshalb am Dienstag der Herausgeberrat der Süddeutschen.

Und weil die Anzeigen noch dramatischer eingebrochen sind als vorhergesehen, stehen beim Flaggschiff des überregionalen Zeitungsmarkts weitere Sparmaßnahmen an. Bereits zum Jahresanfang hatte die SWMH begonnen, bei der SZ mit relativ großzügigen Abfindungen Stellen in Verlag wie Redaktion abzubauen. Jetzt drohen nach Einschätzung von Mitarbeitern in München darüber hinaus Entlassungen.

"Selbst wenn es das erklärte Ziel ist, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, können wir sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht definitiv ausschließen", schreibt auch Stuttgarter Zeitung-Chefredakteur Joachim Dorfs dieser Tage an die "lieben Kolleginnen und Kollegen" in seiner Redaktion. Frei werdende Stellen werden hier nicht wieder besetzt, Redakteure wie Sekretärinnen wird ein "finanziell attraktiver Ausstieg durch Abfindungen" angeboten. Denn "die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg geht auch an der Stuttgarter Zeitung nicht spurlos vorbei", schreibt Dorfs. Man sei besonders "von sinkenden Einnahmen bei den Stellenanzeigen betroffen. Da die Aussichten für 2010 nicht besser werden, sind wir als Redaktionen gezwungen, Sparmaßnahmen zu ergreifen."

Bei beiden Blättern in München wie Stuttgart hat der Sparkurs darüber hinaus noch einen ganz profanen Grund: Die Südwestdeutsche Medienholding hat sich mit der Übernahme der SZ-Mehrheit Anfang 2008 hoch verschuldet. Das drückt in Zeiten schwacher Konjunktur auf die interne Bilanz, in die sich der streng verschwiegene Konzern natürlich nicht gucken lässt. Dabei will die Verlegerfamilie Schaub, die über ihre Ludwigshafener Medienunion (Rheinpfalz, Freie Presse, Westermann-Verlag) bei der SWMH mit den Ton angibt, lieber weiter expandieren und sich nach und nach auch den Mannheimer Morgen einverleiben - die ersten acht Prozent waren diesen Sommer fällig.

Doch so etwas kostet Geld, und ausgerechnet jetzt will noch ein Sparprogramm nicht so recht fruchten: 17 Redakteure der gemeinsamen SWMH-Sonntagszeitung Sonntag Aktuell wurde bereits gekündigt, ab 2010 soll das kostenlose Blatt weitgehend vom Newsdesk des Stuttgarter-Zeitung-Schwesterblatts Stuttgarter Nachrichten mitgemacht werden. Die Kosten, heißt es intern, würden so um die Hälfte sinken. Doch nun liegt das Konzept auf dem Tisch - und spart magere 20 Prozent.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • AD
    Axel Dörken

    In einer Menschenwelt, in der Wertschöpfungszerstörer (Menschen die in Geld anlegen, anstatt in menschlische Unternehmungen und die Natur) das größte Einkommen haben und Wertaufrechterhalter (Krankenschwesetern, etc.) bzw. Werthersteller / Bewusstmacher (Lehrer, teilweise Berater, etc.) sind solche Abläufe logische Rand- und Zentralerscheinungen.

     

    Da muss alles zur Ware verkommen, damit anderes (nach einem Zusammenbruch?) darauf aufbauend wieder wertgeschätzt werden kann.

     

    Geld, an Stelle von Desozialisierung als Mittel zum Tausch und zur Schaffung von Möglichkeiten für viele zu erleben. Was wäre das schön!

     

    Liebe Grüße

    Axel