Krieg der Länderkampagnen: Sie können alles. Außer höflich.
Keine Bindestrichland-Solidarität, nirgends. Baden-Württemberg verspottet die Imagekampagne von Sachsen-Anhalt. So wird das nie was mit der Einheit!
Ohne diesen dämlichen Föderalismus, der die deutschen Stämme gegeneinander hetzt, wäre die innere Einheit längst vollendet. So aber schwingen 16 Bundesländer einzeln die große Glocke. Propagandistisches Armdrücken um Investoren, gegenseitiges Abjagen von Touristen, Fachkräften, Lehrern, Studenten.
Methodisch ist dabei inzwischen alles erlaubt. Statt sich unter den Bindestrich-Ländern zu solidarisieren, verwurstet man in Stuttgart zur Selbsterhöhung einen eigentlich abgefrühstückten Slogan: "In Sachsen-Anhalt steht man früher auf. Bei uns bleibt dafür niemand sitzen!"
Da staunte man zwischen Halle und Salzwedel, dass sich überhaupt jemand an die umstrittene Imagekampagne erinnert, die mancher zwangsfrühaufstehende Pendler als Verarschung empfand. Dann aber die Unsicherheit: lächeln oder fluchen?
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) fand es ganz praktisch, dass man so Millionen Werbungskosten spare. Handwerkskammerpräsident Thomas Keindorf aus Halle hingegen schwoll die Zornesader. "Offenbar ist es der Stuttgarter Landesregierung gelungen, ihre eigenen Sitzblockaden am Bahnhof aufzulösen", ätzte er. Dort tendiert man inzwischen zu betretenem Schweigen. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Wilfried Kretschmann will sich nicht zur eigenen Kampagne äußern.
Ach, dass wir uns 21 Jahre danach immer noch so missverstehen! Nichts gelernt seit 1992, als Kurt Biedenkopf in Dresden von 20.000 Lehrern minutenlang ausgepfiffen wurde. Der damalige sächsische Ministerpräsident hatte den BaWü-Slogan "Wir können alles. Außer Hochdeutsch" kurzerhand auf Sachsen umgemünzt, was das Völkchen mit dem Dialektkomplex als grobe Schmähung empfand.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin