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Kreuzbergs Angst vor Anschlägen

■ Politische Gewalt schränkt Bürgerbeteiligung ein

Der Streit um die Bürgerbeteiligung in Kreuzberg zwischen Bürgermeister Peter Strieder (SPD) und Baustadträtin Erika Romberg (Grüne) spitzt sich zu. Der SPD- Politiker forderte Romberg am Wochenende auf, öfter als bisher zu den Sitzungen der Bürgerbeteiligungsgremien zu erscheinen und die „Verantwortung für politische Entscheidungen selbst zu übernehmen“.

Es gehe nicht an, sagte der Bürgermeister am Rande einer Sitzung des Kreuzberger Mietervereins, daß die Baustadträtin die Mitarbeiter des Planungsamtes vorschicke, wenn über in der Öffentlichkeit umstrittene Projekte geredet und debattiert werde.

Wie bereits berichtet, will Strieder durchsetzen, daß die MitarbeiterInnen des Kreuzberger Bauamts künftig „nicht verpflichtet“ seien, „in der Öffentlichkeit Arbeiten und Entscheidungen des Amtes darzustellen“.

Hintergrund des Konflikts ist offenbar ein Anschlag der Gruppe „Klasse gegen Klasse“ gegen das Haus des Kreuzberger Stadtplanungsleiters Rudolf Hellmann im vergangenen November. Kurz vor dem Anschlag, so Strieder, sei in der Kreuzberger Alternativzeitung Stachel ein Artikel erschienen, in dem Stadtplanungsleiter Rudolf Hellmann wegen eines umstrittenen Bauvorhabens in der Obentrautstraße kritisiert worden war. Strieder meinte weiter, daß die Planungsleute inzwischen Angst hätten, an den Sitzungen von Bürgerbeteiligungsgremien wie dem Verein SO 36 oder dem Stadtteilausschuß 61 teilzunehmen. An die Adresse von Romberg sagte der Bürgermeister: „Das Gehalt der Baustadträtin ist hoch genug, ein Teil davon ist Schmerzensgeld.“

Als Zurückweichen vor „Klasse gegen Klasse“ ist das Vorgehen des SPD-Bürgermeisters inzwischen von Ex-Baustadtrat Orlowsky kritisiert worden: Eine Schwächung der Bürgerbeteiligung könnte die politische Gewalt im Bezirk noch zusätzlich anheizen. och/wera

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