Krebsgefahr durch Asbest: Die vergessene Gefahr
In Deutschlands Häusern und Gärten ruht oft noch Asbest, der bei Renovierungen oder Beschädigung entsorgt werden muss. Bei Asbest-Verdacht heißt es: Hände weg.
BERLIN taz | Nach dem erfolgreichen Protest von Umweltschützern gegen den Transport von 160.000 Tonnen Asbestschlamm von Niedersachsen auf Mülldeponien in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zieht der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine gemischte Bilanz: Zwar sei die Auseinandersetzung noch nicht gewonnen, weil Niedersachsen daran festhalte, die Altlast wegzuschaffen, sagt Arndt Müller vom BUND Mecklenburg-Vorpommern. Andererseits habe man dafür gesorgt, einen Präzedenzfall zu verhindern.
Zwar ist es um das Thema Asbest ruhig geworden in den letzten Jahren. Das heißt aber nicht, dass die Faser aus der Republik verschwunden wäre. Zwischen 1960 und 1990 sind Millionen Tonnen Asbest importiert und zu Baustoffen, Blumenkübeln, Nachtspeicheröfen oder Laubendächern verarbeitet worden. "Wie viel davon noch herumsteht, weiß niemand", sagt Torsten Mußdorf vom Norddeutschen Asbestsaniererverband in Hamburg.
In der dortigen Verbraucherzentrale beantwortet Umweltberater Dirk Petersen Anfragen von besorgten Mietern oder Eigenheimbesitzern, die in ihrer Wohnung Asbest wähnen. Vor allem Bauplatten, Nachtspeicheröfen, Fußbodenbeläge und Schuppendächer seien betroffen. Asbest kann Lungenkrankheiten und Krebs auslösen; einen Grenzwert, unter dem die Faser ungefährlich wäre, gibt es nicht. Daher dürfte mutmaßlich betroffenes Material nicht zerkleinert werden, denn dadurch gelangen die Fasern in die Atemluft. Bestehe der Verdacht auf Asbest, heiße es: "Hände weg."
Der Umgang mit dem Mineral ist streng reglementiert. Es sollte der Vermieter informiert werden beziehungsweise ein Asbestsachverständiger. Die Energieversorger führten Listen darüber, welche Nachtspeicheröfen womöglich Asbest enthalten. Asbestfasern sind langlebig, hitzebeständig und dämmen gut. Nachdem bekannt wurde, wie gefährlich die Wunderfaser ist, wurden ihre verschiedenen Anwendungen nach und nach verboten.
Allerdings werden noch immer große Mengen Asbest importiert, und zwar in Form von Abfall. Vor allem Italien liefert jedes Jahr große Mengen, rund 380.000 Tonnen im vergangenen Jahr. Das meiste davon landet auf Deponien in Sachsen. Allerdings sei nicht die Menge entscheidend, sondern die Art des Transports, sagt Joachim Wuttke, beim Dessauer Umweltbundesamt zuständig für gefährliche Abfälle. Asbesthaltiges Material sollte in dichten Kunststoffsäcken, den Big Bags, transportiert und auch in ihnen in die Deponien eingelagert werden.
In dem Fall bei Hannover allerdings sollten die Lkws nur mit einer Plane bedeckt zur Deponie fahren. HOL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit