Kostenlose Versicherung gegen E10-Schäden: Die Angst vor dem langen Boykott
Die Firma Shell geht gegen den E10-Boykott in die Offensive. Sie will notfalls für kaputte Motoren aufkommen. Die Versicherung kriegen Kunden kostenlos - ab 30 Liter E10.
BERLIN taz | In der Mineralölwirtschaft grassiert die Angst vor einem anhaltenden Boykott der Autofahrer gegen den E10-Treibstoff. Die Not macht erfinderisch. Die Tankstellenkette Shell bietet nun sogar eine Versicherung gegen Motorschäden durch das Gemisch aus normalem Benzin und Ethanol an. "Wir möchten unseren Kunden Sicherheit geben", sagt der Chef der Sparte, Jörg Wienke. Die Police erhalten Autofahrer kostenlos. Shell übernimmt die Prämie.
Die Idee hat die Deutsche Familienversicherung (DFV) ausgetüftelt. Shell-Kunden können sich im Internet vor oder innerhalb von drei Tagen nach dem Tanken registrieren lassen. Es müssen aber wenigstens 30 Liter gezapft werden. Dann erhalten sie eine Versicherungsnummer und einen Versicherungsschein zugesandt. Das gilt allerdings nur für Fahrzeuge, deren Hersteller dem jeweiligen Modell die E10-Tauglichkeit attestiert hat. Das sind rund 90 Prozent aller Autos. Außerdem darf der Wagen nicht vor 1995 erstmals zugelassen worden sein. Die Laufzeit der Versicherung beträgt 18 Monate.
Wenn der Motor tatsächlich unter der erhöhten Ethanol-Beimischung leidet, springt die DFV ein. Ein Gutachter der Dekra untersuche das Auto, erläutert DFV-Sprecher Stefan Knoll. Sei der Biosprit für den Defekt ursächlich, reguliere die Versicherung Schaden innerhalb von 48 Stunden. Eine Voraussetzung gibt es aber. "Sie müssen 80 Prozent des verbrauchten Benzins bei Shell getankt haben", sagt Knoll. So hat die Akzeptanzwerbung für den Ölkonzern mit einer Bindung der Kunden an die Marke eine angenehme Nebenwirkung.
Als Nachweis dienen die Kilometerangabe bei Abschluss des Vertrags und die Vorlage von Kreditkartenabbuchungen oder Tankquittungen. Wie viele Schadensfälle die Firma für die Kalkulation des Tarifs angenommen hat, will der Sprecher ebenso wenig verraten wie die von Shell bezahlten Prämien. "Wir haben Rückversicherungsschutz eingekauft", gibt Knoll aber zu. Das heißt, die DFV sieht durchaus Risiken in diesem Geschäft.
Die Mineralölwirtschaft steht unter Druck. Gesetzlich ist sie zur Beimischung von Ethanol verpflichtet. Doch die Autofahrer lehnen E10 nach wie vor ab. Momentan verkauft Shell nach eigenen Angaben etwa die Hälfte des Absatzes als E10. 90 Prozent sollten es sein. "Wenn wir so weitermachen, werden wir die Quote nicht erreichen", befürchtet Wienke. Dann drohen Millionenstrafen.
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