Kosten für unterirdischen Bahnhof: Stuttgart 21 wird teurer
Die Bahn hält die Kosten für den unterirdischen Bahnhof noch nicht für abschätzbar. Die Landesregierung geht von 3,1 Millarden aus.
STUTTGART taz Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat erstmals offiziell Mehrkosten bei dem in Stuttgart geplanten unterirdischen Bahnhof "Stuttgart 21" eingeräumt. Statt bisher von 2,8 Milliarden geht sie für das Projekt inklusive der neuen Strecke von Stuttgart nach Ulm nun von 3,1 Milliarden Euro aus.
Die neue Schätzung berücksichtige einen Inflationsausgleich, gab Innenminister Heribert Rech am Dienstag bekannt. Die Deutsche Bahn erklärte hingegen, die Baukosten für den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof könnten erst in drei bis vier Jahren realistisch abgeschätzt werden. Dann erst lägen die Ergebnisse der wichtigsten europaweiten Ausschreibungen vor.
Ende Oktober soll die endgültige Finanzierungsvereinbarung unterzeichenet werden. Nach bisherigen Plänen übernimmt die Bahn Kosten von 1,3 Milliarden Euro, der Bund zahlt 1,16 Milliarden, das Land 370 Millionen. Die Stadt Stuttgart, die Region und der Flughafen teilen sich 239 Millionen Euro.
Vor einigen Wochen hatten Kritiker des Mammut-Projekts eine eigene Rechnung vorgelegt: Ein in ihrem Auftrag erstellte Gutachten des Ingenieurbüros Vieregg und Rößler, das mit seinen Berechnungen auch schon den Transrapid in München zu Fall gebracht hatte, geht für Stuttgart 21 von Kosten in Höhe von 6,9 Milliarden Euro aus, die vor allem mit längeren und teureren Tunneln begründet werden. Diese Zahlen wiesen Bahn und Landesregierung zurück. "Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm mit dem neuen Hauptbahnhof in Stuttgart ist solide geplant und steht auf finanziell sicheren Beinen", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günter Oettinger (CDU). Bahnvorstand Oliver Kraft sagte, die Gutachter seien von falschen geologischen Verhältnissen ausgegangen.
Die SPD im Landtag gab sich über die neuen Zahlen erleichtert: "Wir sind froh, dass das Land und die Duetsche Bahn die Kosten wie vorhersehbar bestätigt haben", sagte der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Drexler. "Die größten Klöpse kommen nicht. Die baden-württembergischen Grünen sahen sich durch die eingeräumten Mehrkosten hingegen in ihrer Kritik an dem Mammutprojekt bestätigt. "Die erste Nachzahlungsrate wurde heute verteilt, und es wird nicht die letzte bleiben", sagte der verkehrspolitische Sprecher Werner Wölfle.
In die Kostendebatte will sich nun auch der Bundesrechnungshof einschalten. "Eine Kostenprüfung läuft derzeit", sagte Sprecher Andreas Krull. Danach werde entschieden, ob der Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags gehe oder eine Prüfungsmitteilung an das Verkehrsministerium gestellt werde.
Wer die Klöpse tragen muss, wenn die Berechnungen nicht wie vorhergesagt stimmen, ist schon jetzt klar. Ein Risikofonds in Höhe von 1,45 Milliarden Euro ist bereits eingerichtet. Daran beteiligt sich die Bahn mit 510 Millionen Euro, das Land mit 510 Millionen Euro sowie Stadt Stuttgart und der Flughafen mit zusammen 379 Millionen Euro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja