Konsequenzen der US-Immobilienkrise: "Bankenaufsicht reformieren"
Risikoreiche Bankengeschäfte, die zur Immobilienkrise in den USA beigetragen haben, sollen erschwert werden, sagt Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen.
taz: Herr Schick, die Immobilien- und Finanzkrise in den USA bedroht auch die deutsche Wirtschaft. Mit welchen Auswirkungen müssen wir rechnen?
GERHARD SCHICK, 35, ist finanzpolitischer Sprecher der Grünen. Er hat in Bamberg, Freiburg und Madrid Volkswirtschaft studiert.
Gerhard Schick: Zunächst sind die Steuerzahler betroffen. Die hiesigen Banken müssen bis zu 15 Milliarden Euro Verluste abschreiben. Das kann Steuerausfälle für den Staat in Höhe von rund drei Milliarden Euro bedeuten - fast so viel, wie die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer eines ganzen Jahres. Hinzu kommen Verluste bei der öffentlichen Förderbank KFW und die Bürgschaft, die das Land Sachsen für die Sächsische Landesbank übernommen hat.
Warum sind deutsche Unternehmen an der Immobilienkrise in den USA beteiligt?
Die Sächsische Landesbank beispielsweise hat mit Hilfe eines Ablegers in Irland Immobilienkredite aus den USA gekauft und mit ihnen spekuliert. Weil viele US-Hausbesitzer ihre Kredite aber nicht mehr bedienen können, drohen der Bank nun Verluste in Milliardenhöhe.
Kann die Bankenaufsicht in Deutschland solche Geschäfte nicht verhindern?
Nein. Bisher fehlen den Aufsehern Informationen. Deswegen muss die Bundesregierung auch für Deutschland Konsequenzen ziehen und die Bankenaufsicht reformieren.
Wie müsste die Bankenaufsicht verbessert werden?
Ausländische Ableger in Deutschland ansässiger Banken sollten ebenfalls der Bankenaufsicht unterstellt werden. Heute sind die ausländischen Geschäfte häufig nicht in den Bilanzen enthalten. Zweitens müsste die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) die alleinige Aufsichtskompetenz erhalten. Gegenwärtig ist die Aufsicht zwischen der BaFin und Bundesbank aufgeteilt. Das führt zu Reibungsverlusten. Außerdem schlagen wir vor, dass die Banken risikoreiche Geschäfte ihrer Tochterunternehmen mit ausreichendem Eigenkapital absichern. Das ist bisher nicht notwendig.
Was würde das ändern?
Im Notfall - wie jetzt bei der Sächsischen Landesbank - wäre eigenes Geld vorhanden, um die Verluste zumindest zum Teil abzudecken. Dann müsste nicht der Steuerzahler einspringen.
Müssen die Banken ihre ausländischen Ableger heute gar nicht mit Eigenkapital absichern?
Im Rahmen des Bankenabkommens "Basel 2" existiert eine solche Regelung zwar seit kurzem. Die Grünen fordern allerdings, dass die Banken in diesen Fällen mehr Eigenkapital bereithalten sollen als bisher.
Das Bankenabkommen "Basel 2" wurde während der Regierungszeit von Rot-Grün ausgearbeitet. Haben die SPD, ihr damaliger Bundesfinanzminister Hans Eichel und auch die Grünen nicht genau genug hingesehen?
Damals herrschte eine verbreitete Fehleinschätzung darüber, wie sich die neuen Risiken entwickeln könnten. BaFin-Präsident Jochen Sanio meinte noch 2003, die ausländischen Ableger der Banken würden eher zur Stabilisierung der Finanzmärkte beitragen. Dieser Fehleinschätzung unterlag auch Finanzminister Eichel.
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