Konkurrenzdruck im Export: Schwieriges Jahr für Solarfirmen
Immer mehr Hersteller verschwinden vom Markt, vor allem im Osten Deutschlands. Der Druck von asiatischer Seite wächst. Trotzdem gibt man sich optimistisch.
DRESDEN taz | Ein halbes Jahr nach der Absenkung der Solarförderung durch die Bundesregierung zeigen nur die Großen des Markts weiterhin Zweckoptimismus. Solarworld-Chef Frank Asbeck hatte noch im Dezember in einem Interview der Wirtschaftswoche bereits auf verstärkte Marktbereinigungseffekte hingewiesen. "Weltweit werden zehn Unternehmen überleben, in Deutschland zwei bis drei", sagte er. Dennoch war 2010 mit mehr als 7 Gigawatt neu installierter Leistung von Fotovoltaik-Anlagen das bislang nachfragestärkste Jahr in Deutschland, dem weltweit größten Binnenmarkt. Das entspricht etwa der Leistung eines Atomkraftwerkes.
Mit der Zustimmung des Bundesrates am 9. Juli war die Absenkung der Einspeisungsvergütung für Solarstrom in zwei Schritten zum 1. Juli und zum 1. Oktober wirksam geworden. Je nach Art der Anlage beträgt sie insgesamt zwischen 11 und 16 Prozent. Damit soll einerseits den deutlich gesunkenen Produktionskosten von Modulen Rechnung getragen und andererseits die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller stimuliert werden.
Die Systematik der Absenkung wird von der Solarwirtschaft im Prinzip auch nicht infrage gestellt. Denn die Bevorzugung dieser erneuerbaren Energie bezahle der Stromverbraucher über eine Umlage, räumt Sprecher Ronald Upmann vom Bundesverband Solarwirtschaft ein. Upmann kritisiert allerdings das Tempo der Förderabsenkung. "Das ist so, als wenn Sie einem Jet, der zur Landung bei der Wettbewerbsfähigkeit ansetzt, den Schub abdrehen."
Entsprechend hat es unmittelbar vor den jeweiligen Vergütungssenkungen statistisch deutlich sichtbare Vorzieheffekte gegeben. Nach Angaben der Bundesnetzagentur schnellte bereits im Dezember 2009 die neu installierte Leistung auf 1,45 GW hoch und erreichte im Juni 2010 den Rekordwert von 2,1 GW. Danach ist ein deutliches Absinken zu beobachten. "Wer diesen Nachfragerückgang nicht durch starken Export kompensieren kann, hat das Nachsehen", sagt Milan Nitzschke, Sprecher der Solarworld AG.
Der Export aber stößt zunehmend auf asiatische Konkurrenz, die wie in China teils protektionistisch gefördert wird. Auch die deutsche Solarindustrie konnte auf ähnliche Weise einst die Japaner verdrängen. Einer Studie der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft zufolge haben ohnehin kriselnde Hersteller wie Conergy, Q-Cells und Solon kaum eine Überlebenschance.
2009 musste die börsennotierte Q-Cells-Firma mit einem starken Standbein in Bitterfeld-Wolfen 500 Mitarbeiter entlassen und verlagerte die Produktion teilweise nach Malaysia. Diese Krise scheint überwunden. "Wir haben das Restrukturierungsprogramm erfolgreich abgeschlossen", verkündete im November 2010 Manager Nedim Cen.
Die bereits im ersten Halbjahr 2010 zu verzeichnenden Insolvenzen der in Sachsen und Sachsen-Anhalt beheimateten Firmen Sunfilm AG und Signet Solar haben andere Ursachen. Beide setzten auf die nur scheinbar expandierende Dünnschicht-Technik, bei der eine Silizium sparende und solareffektivere Schicht auf ein Glassubstrat aufgebracht wird. Durchgesetzt hat sich jedoch die klassische Siliziumkristalltechnik.
Bundesverband und die Großen der Branche vertrauen auf ihre technologische Spitzenposition und den relativ stabilen deutschen Markt. Insbesondere Solarworld setzt zunehmend auf dezentrale Hausanlagen für den Eigenverbrauch. Vorläufig stoßen diese insbesondere bei der Energiespeicherung aber noch auf hohe technische Hürden.
Solche Anlagen werden schlagartig attraktiv, wenn die sogenannte Netzparität erreicht sein wird, der Solarstrom also nicht mehr teurer sein wird als der Haushaltsstrom aus dem Netz. Das könnte schon 2013 der Fall sein. "Solange erneuerbare Energien von der Bundesregierung nicht ausgebremst werden, hegen wir keine Befürchtungen", gibt sich deshalb Solarworld-Sprecher Nitzschke betont optimistisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz