Konkurrenz für Nachrichtensuche: US-Verlage planen eigenes Google News
US-Großverlage stecken viel Geld in eine neue Nachrichtensuche, die Google News Konkurrenz machen soll. In Deutschland geht indes der Kampf ums Leistungsschutzrecht weiter.
Google News sammelt seit mittlerweile acht Jahren Neuigkeiten von Web-Nachrichtenangeboten automatisiert und verlinkt dorthin. Gleichzeitig kann man in einem riesigen Datenschatz an News-Quellen recherchieren. Lange Jahre verdiente Google damit direkt nichts; in den USA platziert der Konzern seit einiger Zeit allerdings erstmals Anzeigen.
Mehrere US-Großverlage scheinen nun auf den Trichter zu kommen, dass sich das eventuell lohnen könnte: Wie am Mittwoch bekannt wurde, stecken die Gannett-Gruppe ("USA Today", zahlreiche Lokalzeitungen), die Washington Post Company sowie die New York Times insgesamt 12 Millionen Dollar in eine Firma, die ein Gegenangebot zu Google News aufbauen soll. Der Nachrichtenaggregator soll auf den Namen "Ongo" hören und laut eigenen Angaben eine "neue Methode" sein, "Nachrichten zu lesen, miteinander zu teilen und zu erfahren". Wie das genau aussehen wird, ist bislang noch unklar - noch befindet sich Ongo im sogenannten Stealth-Modus, wird noch nicht öffentlich gezeigt.
Klar ist allerdings bereits, dass die Firma aus Cupertino nicht nur das Web nach News durchforsten soll, sondern sich insbesondere am in sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook rege ausgetauschten Link-Strom der Nutzer laben wird. Boss der Firma ist Alex Kazim, der zuvor unter anderem beim Online-Auktionshaus eBay arbeitete und danach eine Blog-Suchmaschine startete. Technisches Know-how für das Unternehmen und die für einen Aggregator notwendigen fortschrittlichen Algorithmen sollen weitere Silicon-Valley-Größen mitbringen, die Kazim gerade in die Firma holt. Man sei "sehr zufrieden", drei so große Medienfirmen als Investoren gewonnen zu haben, so der Ongo-Chef.
In Deutschland ist nach wie vor kein zentraler Konkurrent zu Google News in Planung - Einzelprojekte wie das von Burda angestoßene Portal "Nachrichten.de" setzen sich nur schleppend durch. Stattdessen würden die klassischen Print-Verlage gerne Lizenzgebühren von Suchmaschinen wie Google sehen, weil die auf ihre Meldungen verlinken und kleine Ausschnitte wiedergeben. Da das urheberrechtlich bislang aber völlig legal ist und deswegen nicht zur neuen Einnahmequelle werden kann, pushen sie ein sogenanntes Leistungsschutzrecht (LSR). Das bekam in den letzten Monaten vor allem aus der Internet-Szene viel Kritik, wo man fürchtet, es könne die Informationsfreiheit massiv beschneiden - etwa, weil dann selbst kurze Sätze oder Überschriften zu schützen wären.
Nun kommt auch aus der Wirtschaft massive Kritik am Leistungsschutzrecht, das im schwarz-gelben Koalitionsvertrag steht und gerade im Bundesjustizministerium diskutiert wird: Der mächtige Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI, wachte Ende letzter Woche auf und gab zusammen mit allen wichtigen Einzelhandels- und Gewerbeverbänden eine vielbeachtete Erklärung ab. Darin heißt es unter anderem, die Verlage planten, die berufliche Nutzung frei zugänglicher Presseseiten im Internet einer allgemeinen Kostenpflicht zu unterwerfen. "Im Ergebnis könnten die Verlage Abgabenerlöse in Milliardenhöhe erzielen - auf Kosten selbstständiger Berufsträger, kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie der deutschen Wirtschaft insgesamt."
Das Vorhaben betreffe damit keineswegs nur neuartige Geschäftsmodelle der Internetwelt, sondern es "vielmehr jedes in Deutschland ansässige Unternehmen". Zwar sei eine vielfältige Presse- und Medienlandschaft auch im digitalen Zeitalter ein unverzichtbares Gut. Ein Leistungsschutzrecht für Online-Presseverlage sei jedoch "in keiner Weise geeignet, den digitalen Herausforderungen Rechnung zu tragen". Jedem Anbieter im Internet sei unbenommen, den Zugang zu seinen Online-Diensten zu beschränken oder komplett kostenpflichtig zu machen. Entscheide sich ein Verlag hingegen für ein unbeschränktes Presseangebot im Internet, um mehr Nutzer zu erreichen und mit Werbung zu verdienen, dürfe er "nicht gleichzeitig über staatliche Regulierung durch die Hintertür hierfür eine Kostenpflicht herleiten".
Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), schoss sogleich zurück: Die BDI-Erklärung sei "inkonsequent und pressefeindlich". Man biete der Wirtschaft im Internet "Tag für Tag ein grenzenloses und bislang kostenloses Wissen". Geplant seien "ausschließlich freie Dienstleistungsverträge", die "nach freiem Ermessen angenommen oder abgelehnt" werden könnten. Von "Milliarden" habe man aber "nie gesprochen".
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