piwik no script img

Konkurrenz auf dem Tablet-MarktAntiautoritär vs. heile Welt

Apples iPad bekommt Konkurrenz. Google hat ein Betriebssystem für Tablets entwickelt, das alle Hersteller nutzen können. Es ist eine Philosophiefrage: Offen oder geschlossen?

Tablett vorm Kopf: Links ein Apple-, rechts ein Android-Nutzer. Bild: reuters

Ein dünnes Gerät auf den Knien, ein paar mal drüberwischen und gleich Filme gucken, spielen, schreiben, Fotos anschauen – all das war bislang fest verbunden mit einem Markennamen: iPad. Doch jetzt könnte der Internetdienstleister Google dem Hersteller Apple die absolute Vorherrschaft auf dem Tablet-Markt streitig machen, denn aktuell erscheinen eine Reihe von Konkurrenzprodukten, die gegen das iPad antreten.

Hergestellt wurden die Geräte von Firmen wie Samsung, Acer, HTC oder Asus – gemeinsam ist ihnen allen aber eines: Sie laufen mit Android 3.0, auch Honeycomb genannt. Ein Betriebssystem, das Google extra für Tablets entwickelt hat.

Auf dem Tablet-Markt herrscht nun wieder jener Kampf der Giganten, den man schon von den Smartphones her kennt. Apple legte mit der Vorstellung des iPhones im Jahr 2007 ein hochattraktives, ausgereiftes Produkt vor, Google reagierte in Kooperation mit anderen Firmen erst zwei Jahre später und rollte das Feld von hinten auf.

Bei den Tablets zeichnet sich derzeit eine ähnliche Entwicklung ab. Google brauchte zwar über ein Jahr, um eine geeignete Antwort auf das iPad auf den Markt zu bringen. Trotzdem, so meinen Experten, hat deren System durchaus Chancen, das iPad einzuholen. "Zum Ende des nächsten Jahres werden bereits mehr Android-Tablets als iPads verkauft werden", glaubt etwa Sascha Pallenberg, Gadget-Experte und Betreiber des Blogs netbooknews.com.

Technoevolutionäre Sackgassen

Der Grund dafür liegt nach Ansicht vieler Experten nicht in der Attraktivität der einzelnen iPad-Konkurrenzgeräte, sondern in ihrer Vielzahl. Ihre technische Leistungsfähigkeit nähert sich zwar jener des iPads an und auch der Kaufpreis liegt bei einigen von ihnen bereits unter den Anschaffungskosten eines Apple-Produkts.

Bild: taz

Diese und viele andere spannende Geschichten lesen Sie in der nächsten sonntaz vom 4. und 5. Juni 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Doch was einige der Geräte als besondere Features verkaufen möchten, wirkt eher wie eine technoevolutionäre Sackgasse: So bewirbt der Anbieter HTC ein Gerät namens Flyer, das man plötzlich wieder mit einem Stift bedienen soll. Und Asus hat ein Tablet erfunden, an das man eine Tastatur anstecken kann – man hat also wieder eine Art Netbook.

Im Grunde jedoch treten im Kampf Apple gegen Google zwei völlig unterschiedliche Systeme gegen einander an, nämlich ein offenes gegen ein geschlossenes. Man könnte auch sagen: Während Apple eine Art behüteten Heile-Welt-Kindergarten zur Verfügung stellt, hat Google sich für eine antiautoritäre Methode entschieden.

Das geht schon bei den Geräten los. Wer ein iPad kauft, bekommt alles aus dem Hause Apple: das schicke Design mit den abgerundeten Ecken, die benutzerfreundliche Software, den bequemen App-Store, in dem man sich Anwendungen für sein Gerät herunterladen kann.

Doch das alles funktioniert nur innerhalb des abgeschotteten Apple-Kosmos: Externe Daten via USB oder SD-Karten auf das Gerät zu laden, ist schwierig, und die Nutzerkontrolle von Steve Jobs Konzern geht sogar so weit, dass Apps, die dem Konzern nicht passen – etwa, weil sie als sexuell anstößig empfunden werden – aus dem Sortiment des App-Stores geschmissen werden.

Google hingegen fertigt selbst keine Geräte, sondern stellt sein Betriebssystem Android 3.0 allen interessierten Geräteherstellern von Samsung bis HTC kostenlos zur Verfügung. Im Gegenzug verpflichtet Google die Hersteller, ihre Werbung auf den Geräten über Google laufen zu lassen. Auch die Apps, also die Anwendungen, müssen über Google vertrieben werden. Außerdem gibt es – anders als bei Apple – nicht eine zentrale Verkaufsstelle für Apps, sondern regionale Appstores, in denen Hersteller und Nutzer das Google-Betriebssystem ihren Bedürfnissen entsprechend individuell anpassen können.

Und Apple? Hat lediglich zwei Tablets auf dem Markt, nämlich die beiden Versionen seines iPads. Die sind zwar derzeit sehr populär. Doch je mehr Android-Tablets in den Technikmärkten auftauchen, desto größer wird die Konkurrenz.

Vorsprung auf dem App-Markt

"Wir stehen gerade am Anfang dieses Kampfes", sagte der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt dem Fernsehsender CNN vor zwei Wochen. Und wagte einen Blick in die Zukunft: "Am Ende werden die Nutzer die offene Variante wählen, nicht die geschlossene." Eine Einschätzung, die viele Gadget-Experten, darunter Sascha Pallenberg teilen.

Viel wird nun davon abhängen, ob Googles offene Strategie auf dem App-Markt funktioniert. Denn genau hier liegt bislang eine empfindliche Schwachstelle für Android: Während Apple Apps im Wert von über drei Milliarden Dollar verkaufte, brachten Android-Apps bislang gerade einmal 100 Millionen Dollar ein. Auch die Zahl der angebotenen Programme ist bei Apple noch immer sehr viel größer.

Aber wenn die Masse der Android-Tablets-Nutzer größer werde, so die Strategie, würden auch Entwickler lieber für diese Geräte neue Apps schreiben als für das iPad. Bei der Kaufentscheidung spielen jedoch auch Glaubensfragen und Fantum eine große Rolle. Es ist ein bisschen so wie damals, als die Nutzer von Apples Macintosh-Rechnern und die von Microsoft PCs wie von einem anderen Stern zu kommen schienen.

Heute gibt es die coolen Kinder, die auf dem handschmeichelnden Gerät mit dem Apfel herumwischen wollen. Und jene, die Design-Abstriche in Kauf nehmen, wenn sie sich im Gegenzug nicht von ihrem Technikhersteller bemuttern lassen müssen.

Und was macht Microsoft?

Vergangene Woche nun meldete sich auch noch Microsoft zu Wort. Also der Konzern, der Apple und Google einst im gemeinsamen Widerstand vereinte. Konzernchef Steve Ballmer pöbelte Google an, deren Ansätze auf dem Tablet-Markt er als "bislang missglückt" bezeichnete. Und kündigte einen "einzigartigen Beitrag" zum Tablet-Markt an, den man demnächst veröffentlichen wolle.

Eher unwahrscheinlich, dass in diesem Gerangel noch Platz für einen dritten Giganten sein könnte. Schon gar nicht für einen, der so was von letztes Jahrtausend ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • F
    Fehlerteufel

    Liebe Frau Laaff,

    neben ihrer unverkennbaren Apple-Affinität enthält der Artikel leider auch einige inhaltliche Fehler:

    1. Das iPhone war 2007 sicher noch kein "hochattraktives, ausgereiftes Produkt". Es gab keinen Appstore, kein UMTS und kein GPS. Das alles kam erst mit den Nachfolgeversionen.

    2. Das HTC Flyer soll nicht "plötzlich wieder mit dem Stift" werden, der Stift bietet - etwa für Studenten, aber sicher auch für Journalisten - ausgesprochen interessante Zusatzfunktionen wie z.B. die Möglichkeit, ohne Umstände handschriftliche Notizen in beliebige(!) Dokumente einzufügen.

    3. Das ASUS-Tablet erhält mit der ansteckbaren Tastatur nicht nur die Möglichkeit, bequem längere Texte zu schreiben, sondern auch einen Zusatzakku, der die Laufzeit mehr als verdoppelt sowie zusätzliche Anschlussmöglichkeiten für Peripheriegeräte.

    3. Google verpflichtet die Hersteller nicht,"ihre Werbung auf den Geräten über Google laufen zu lassen". Das System ist quelloffen (bis auf die temporäre Ausnahme 3.0) und kann mit beliebigen Such- und damit Werbeanbietern ausgeliefert werden. So verwenden einige chinesische Hersteller Android mit der Microsoft-Suche Bing (Die, wie andere Konkurrenten auch, auch bei den mit Google ausgelieferten Geräten über den Market nachinstalliert werden können)

    4. Es gibt keine "regionalen Appstores", sondern den Android-Market von Google sowie zusätzlich diverse herstellerunabhängige und herstellerspezifische Plattformen, die von den Nutzern zum App-Bezug genutzt werden können.

  • C
    Caligula

    Die "Sackgassen" sind auch für mich ein technischer Segen und ein Grund, so ein Gerät kaufen zu wollen. Leute, die Pads oder Smartphones in erster Linie für Texte und Internet-Recherche benutzen, schätzen eine komfortable Tastatur (die man separat anhängen kann) und der "Rückschritt" mit dem Stift ist doch ne witzige Sache.

  • M
    Max

    An Apples Philosophie hinsichtlich Offenlegung von eigenen Hardware- und Softwareplattformen und der Einschränkung von 3.Anbietern sich am Apple-Markt zu engagieren hat sich bei iPhone und iPad, kaum verwunderbar, nicht geändert. Dass mir ein Betriebssystem wie Android welches ursprünglich als Open-Source Projekt basierend auf Linux entwickelt wurde sympatischer ist, gebe ich gerne zu, allerdings tut man gut sich anzusehen was sich Anbieter wie Google von ihrem Engagement versprechen, die Nächstenliebe hat damit jedenfalls nichts zu tun. Da sind Beispiele wie positionsbezogene Werbe-Placements welche auf WiFi-Netzte abzielen die zuvor via Street-View "ganz nebenbei" abgegrast wurden, nur die Spitze eines Eisbergs. Jedenfalls sollte sich jeder User klar sein, dass er oder sie in keiner Weise Kontrolle darüber hat was Anbieter an Daten sammeln können (und sie tun dies auch, nicht zuletzt Google).

     

    Ansonsten kann ich meinen Vorrednern hier nur zustimmen:

     

    @Kay Urban

    In der Tat, von Ausgereift kann bei den ersten iPhones keine Rede sein. Was mich bei Apple immer beeindruckt hat ist weniger die Qualität der Produkte sondern vielmehr das Vermögen Produkte so zu plazieren, dass diese genau in eine neue Nische passen und diese dann so zu bewerben, dass diese zum "must-have" Lifestyle Produkt avancieren ohne welches man nicht mehr leben kann. Ärgerlich ist, das die Marketing- und Werbe-Agenturen von Apple dies auch immer zur Perfektion schaffen.

     

    @Bernd Lange

    Auch für mich sind diese "Sackgassen" viel eher ein Grund mich in den nächsten Wochen für ein Pad zu entscheiden. Speziell der Flyer (ja, der mit dem Stift :-) hat es mit angetan... und eine Tastatur wird auch dazu gehören müssen denn das Gerät muss mehr bieten als mir zu erlauben mit groben Wischbewegungen durch meine Musiksammlung zu blättern. Dennoch muss ich ...

     

    @Rod

    ... recht geben: auch für mich werden diese Geräte erst eine Chance haben meinen Notebook zu ersetzten wenn sie es schaffen vergleichbare Anwendungen darauf zu fahren (Google Docs sind nun wirklich keine Lösung). Auf "leistungsfähige Slates" zu warten ist ein guter Rat, aber als ehenmaliger stolzer Besitzer eines Beta-Video-Rekorders kann ich hier und da mit einer Fehlinvestitionen und Endtäuschungen leben :-).

     

    mscw

    Max

     

    "Idiotensichere Systeme werden nur von Idioten genutzt."

  • KU
    Kay Urban

    Wenn ein Artikel das erste iPhone 2007 als ausgereiftes Produkt bezeichnet ist jegliche Autorität natürlich verloren. Und die TAZ lernt es nicht, endlich mal anständige IT-Experten anzustellen.

  • S
    stoeps

    Was mich nicht wirklich wundert, aber irritiert, ist der Umstand, dass auch hier wieder von "offen" geredet wird, ohne zu sagen, wie man das versteht. Da betet die vermeintlich kritische Berichterstattung letztlich die Werbung von Google nach.

  • BL
    Bernd Lange

    Die "technikevolutionären" Sackgassen haben durchaus ihre Vorteile. So fehlt beim Tippen auf dem Bildschirm doch immer noch das haptische Feedback, sodass für längere Texte eine Tastatur immer noch vonnöten ist. Und zur Stiftbedienung: Wenn man ein Tablet mit einem Stift als Digitizer (digitales Zeichengerät) verwenden kann, ist das doch klasse. Ich bin ja auch eher Fan von Android und Co., allerdings stellen sich die beteiligten Hersteller ständig selbst ein Bein, indem sie versprochene Updates gar nicht bzw. sehr spät bringen, oder versprochenen Veröffentlichungsdaten nicht einhalten. Das hat Apple ganz klar besser im Griff.

  • R
    Rod

    Wer clever ist, kauft überhaupt nicht und wartet, bis es leistungsfähige Slate-Computer gibt, die eine ähnliche Rechenleistung wie ein richtiger Desktop-Computer haben.