„Konkret“-Magazin in Schwierigkeiten: Hakenkreuz-Krawatte nicht lieferbar
„Konkret“ zeigt auf dem Cover der Oktober-Ausgabe eine Krawatte mit Hakenkreuzen. Die Presse-Grossisten behielten die Ausgabe teilweise ein.
Konkret selbst sieht sich gerade mit Schwierigkeiten von ungeahnter Seite konfrontiert. Die Pressegroßhändler haben die Kiosk-Auslieferung der regulär am 28. September erschienenen Oktober-Ausgabe massiv behindert. Anlass dazu gab ihnen das Titelbild, das eine Krawatte in optischer Anlehnung an die Hundekrawatten des AfD-Bundesvorsitzenden Alexander Gauland zeigt – nur dass statt Hunden Hakenkreuze drauf sind. „Deutschlands Nazis. Die Schläfer erwachen“ lautet die Titelzeile.
Der Impuls, die Auslieferung des Magazins zu stoppen, kam nicht von den Pressegroßhändlern selbst, sondern von der Münchener Anwaltskanzlei Auer Witte Thiel, die für den Bundesverband Presse-Grosso tätig ist. Mit Verweis auf Paragraf 86 des Strafgesetzbuches, der das „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ untersagt, empfahl die Kanzlei den Mitgliedern des Verbands per Schreiben, das Heft nicht auszuliefern.
Zweite Runde mit Auswechsel-Titelseite
Tags darauf, nach einer Intervention des Verlagsanwalts, ruderte die Kanzlei allerdings zurück und revidierte die Empfehlung in einer „erneuten Bewertung des Objektes Konkret“. Trotzdem dürfte die Ausgabe an vielen Verkaufsorten nicht angekommen sein. Der Konkret-Verlag schickte vorsichtshalber eine zweite Titelseite in den Handel – ohne die Hakenkreuze.
Es ist nicht der erste Fall, in dem Publizisten oder Händler Probleme kriegen, wenn sie gegen Nazis gerichtete Abbildungen von Hakenkreuzen verbreiten. Ein Online-Versandhändler etwa befand sich zwei Jahre lang in der Mangel der Justiz, weil er Buttons mit einem durchgestrichenen Hakenkreuz vertrieben hatte. 2007 sprach ihn der Bundesgerichtshof frei.
Die Maßnahme der Grossisten kann indes in Zeiten, in denen in vielen EU-Ländern die Pressefreiheit bedroht (Österreich) oder bereits beeinträchtigt ist (Polen, Ungarn, Slowakei), als fatales Signal gewertet werden. Für den in Altona ansässigen Verlag bedeutet die Empfehlung, obwohl sie zurückgenommen wurde, in jedem Fall einen herben Schlag. „Den Verlag bedroht dieses Verbot in seiner Existenz“, schreibt die Redaktion in einer Mitteilung. Und weiter: „Das Gesetz, beschlossen um die Werbung für nationalsozialistische Organisationen mit NS-Kennzeichen zu verhindern, wird hier gegen Kritiker und Gegner von Nazis in Stellung gebracht.“
Stellungnahme der Konkret
Zuständig für die Auslieferung an die Kioske in Hamburg ist der Buch- und Presse-Großvertrieb Hamburg. Fabian Sueße, der Leiter der Disposition, sagt, man habe Konkret sehr wohl am Erscheinungstag ausgeliefert, weil es sich bei dem Schreiben der Anwaltskanzlei lediglich um eine Empfehlung gehandelt habe. Zumindest an einigen Verkaufsstellen in Hamburg, die laut der Internetseite mykiosk.com das Heft haben müssten, war es am Freitag dennoch nicht zu bekommen.
Bei Stichproben entdeckt
Die 49 Presse-Grossisten, die es derzeit bundesweit gibt, fungieren als Zwischenstationen zwischen den Vertriebsfirmen und den Verkaufsstellen. Die Grossisten verfügen – anders als in Hamburg, wo zwei Unternehmen konkurrieren – in der Regel über ein Monopol in ihren Liefergebieten.
Für die Belieferung des Bahnhofsbuchhandels ist das Presse-Grosso eigentlich nicht zuständig. Aber auch dort ist die aktuelle Konkret kaum zu bekommen. An den Hamburger Bahnhöfen werde das Krawatten-Heft „im Laufe der kommenden Woche“ vorrätig sein, sagt Wolfgang Kluth von der Vertriebsfirma MZV. Dabei handelt es sich um die Ausgabe mit dem verändertem Titel, der Hakenkreuz-freien Version. Die Grossisten haben diese Variante am Freitag bundesweit ausgeliefert.
Andreas Thiel von Auer Witte Thiel sagt auf Anfrage, das Cover mit der Hakenkreuz-Krawatte sei „in strafrechtlicher Hinsicht hochproblematisch“. Zur Kenntnis nahm die Kanzlei den Titel nur, weil der für München zuständige Grossist den Juristen wöchentlich eine Stichprobe aktueller Titel zusammenstellt. Wie umfangreich dieser sogenannte „Prüfpool“ ist, ist nicht bekannt. Anwalt Thiel will dazu keine Auskunft geben.
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