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Konflikt in Syrien23 Soldaten offenbar getötet

In der Provinz sollen syrische Deserteure 23 Soldaten getötet haben. Im Norden des Libanon ist erneut ein Mensch getötet worden. Die EU erweitert ihre Sanktionen gegen Syrien.

In Tripoli, Nordlibanon, gehen die Kämpfe zwischen Gegnern und Anhängern der syrischen Regierung weiter. Bild: dapd

DAMASKUS/ISTANBUL dpa/afp | Deserteure sollen in der syrischen Provinz Homs mehr als zwei Dutzend Soldaten der Regierungstruppen getötet haben. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, mindestens 23 Soldaten seien während des Angriffs auf einen Konvoi der Armee ums Leben gekommen. Die Deserteure hätten bei der Operation am Ortseingang der Protesthochburg Al-Rastan zudem zwei gepanzerte Truppentransporter erbeutet und mehrere Soldaten gefangen genommen.

Aufgrund der Einschränkung der Pressefreiheit in Syrien konnten diese Angaben nicht unabhängig überprüft werden. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete zunächst nicht über den Vorfall.

Die gleiche Organisation teilte mit, Unbekannte hätten in Damaskus am Sonntag einen schiitischen Geistlichen ermordet. Scheich Abbas al-Laham sei nach dem Abendgebet vor der Sajjida-Rakija-Moschee erschossen worden. In der Provinz Homs seien ein Fabrikdirektor und dessen Begleiter in einem Auto erschossen worden. Auch zu diesem Attentat bekannte sich niemand.

Theoretisch gilt in Syrien seit einem Monat eine Waffenruhe. Tatsächlich geht das Töten jedoch weiter. Inzwischen halten sich auch die Deserteure nicht mehr an die Vereinbarung.

Ein Toter im Libanon

Bei Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Anhängern der syrischen Regierung ist im Norden des Libanon erneut ein Mensch getötet worden. Neun weitere Menschen wurden nach Angaben von Sicherheitskräften bei Kämpfen in der Stadt Tripoli am Montag verletzt. Die Auseinandersetzungen halten seit Samstagabend an. Insgesamt gab es bislang vier Tote und 40 Verletzte.

Bei den Kämpfen stehen sich Sunniten aus dem Stadtviertel Bal al-Tebbaneh und alawitische Anhänger des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad aus Dschabal Mohsen gegenüber.

Die syrische Bevölkerung ist mehrheitlich sunnitisch. Weite Teile der Führung um Staatschef Assad gehören dagegen den Alawiten an, einer schiitischen Glaubensrichtung. Im Libanon dominiert die mit Syrien und dem Iran verbündete schiitische Hisbollah die Regierung. Die Opposition ist dagegen ein Gegner der Assad-Regierung. Die Führung in Damaskus hatte mehrfach beklagt, dass die syrische Opposition Waffen und Kämpfer für den Aufstand gegen Assad über die libanesische Grenze nach Syrien schmuggele.

Neue EU-Sanktionen

Angesichts der anhaltenden Gewalt in Syrien hat die Europäische Union ihre Sanktionen gegen die Führung in Damaskus weiter verschärft. Einen entsprechenden Beschluss fassten die EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Diplomaten zufolge sollen drei weitere Personen mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt werden. Zudem sollen zwei weitere Unternehmen auf die Liste mit Firmen gesetzt werden, deren Guthaben in der EU blockiert werden.

Seit dem Beginn der Protestbewegung gegen die Regierung in Damaskus im März 2011 verhängte die Europäische Union mehrfach Sanktionen, um die Regierung in Damaskus zu einem Gewaltverzicht zu bringen. Seit dem 12. April ist offiziell ein Waffenstillstand in Kraft, doch wird dieser regelmäßig von den Sicherheitskräften und den Rebellengruppen gebrochen. Eine UN-Beobachtermission befindet sich im Land, um die Einhaltung der Waffenruhe zu überwachen.

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6 Kommentare

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  • HS
    Hari Seldon

    @anti-ipod:

     

    Sie schreiben: "Die Tatsache, dass es vereinzelt Anschläge gibt....".

     

    Nun, ca. die Hälfte der Todesopfer sind Mitglied der Sicherheitskräfte.Mit Ihrer Wörten könnte man auch sagen, dass die Sicherheitskräfte "vereinzelt" Zusammenstöße mit den Rebellen haben.

     

    Bitte, glaiuben Sie selbst Ihren Märchen? Bei den Rebellen in Syrien genauso wenig Demokratie ist erkennbar wie bei den Rebellen in Lybien. Dazu kommt, dass die Rebellen fremdfinanzierte Söldner sind: Hier spricht das Geld, und nicht die Demokratie.

     

    In Syrien gibt (gab) es Wahlen: Falls die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Assad nicht haben will, warum will die Opposition keine Wahlen? Ich könnte es noch verstehen, dass Assad keine Wahlen haben will, aber gerade die "Neudemokraten" sind gegen Wahlen. Aus dieser Sicht ist Assad mit Abstand demokratischer. Und jeder Staat hat das Recht für Selbstverteidugung gegen fremde Interessen und fremdfinanzierte Söldnerbanden.

  • A
    Ant-iPod

    @Hari Seldon:

     

    die syrische Opposition ist zuerst und vor allem eine politische. Sie bindet nahezu alle Volks- und Religionsgruppen ein und hat einen säkularen und pluralistischen Verfassungsentwurf ausgearbeitet.

    Diese gehört unterstützt, da sie ein neues, gerechteres und besseres Syrien anstrebt - ein Ende des Selbstbedieungsladens der Assad's und Machloufs.

    Ein Ende der 17 Geheimdienste, der Korruption, der Gewaltherrschaft.

     

    Die Tatsache, dass es vereinzelt Anschläge gibt, von denen einige auch vom Regime inszeniert werden, relativiert in keiner Weise die Gewaltorgie, die das Regime vom Zaun gebrochen hat.

    Sie reduziert die politische Opposition nicht auf einzelne "Terrorbanden".

     

    Ihr vorheriger Vergleich mit S21 hinkt deswegen, weil wir hier die Mehrheitsverhältnisse demokratisch feststellen können. Das geht unter Assads Gewaltherrschaft nicht.

    Man kann ein Engagement für Demokratie und Rechtstaatlichkeit auch nicht mit dem Totschlagargument des angeblichen Neokolonialismus vom Tisch fegen. Im Gegenteil sind die Arabischen Diktatoren allesamt (einschließlich der Monarchischen)die eigentliche Fortsetzung des Kolonialismus und alles andere als "Befreier" ihrer Völker. Sie behandeln das arabische Volk mit Missachtung und Geringschätzung, als wären sie selbst Kolonialherren und einige von ihnen sind nur durch die Gnade der ehemaligen Kolonialherren überhaupt an der Macht.

  • HS
    Hari Seldon

    @anti-ipod:

     

    Sie schreiben: "man ist nicht gewillt, die friedliche und politische Opposition zu unterstützen."

     

    Nun der Titel des Artikels: "23 Soldaten offenbar getötet". Bitte, meinen Sie, dass diese Opposition so "friedlich" ist? Und Sie verlangen Unterstützung für solche Mörder, Terroristen, usw.: Similis simili gaudet (ähnliche ziehen zu ähnlichen)....

  • A
    Ant-iPod

    Die Gewalt eskaliert und dies ist - man kann es nicht oft genug wiederholen - zu allererst ein Zeichen für das völlige Versagen (wenn nicht den Unwillen) der Administration Assad, echte politische Reformen im Land einzuleiten.

    Die Hinhaltetaktik mit einer Pseudo-Verfassungsreform und inhaltslosen Wahlen sind in keiner Weise geeignet, die Probleme des Landes zu lösen.

    Mehr gab es nicht... sieht man von immer weiter ausbordender Gewalt ab.

     

    Der Verweis auf die echte und/oder angebliche Schuld des Auslands entbindet Assad als politisches Staatsoberhaupt nicht von seiner Pflicht zu handeln/gestalten und vor allem: Sie hindert ihn nicht daran!

     

     

    Was aber gerade in Europa passiert ist Heuchelei und Zynismus. Wer sehenden Auges offensichtlich nutzlose "Sanktionen" erlässt, um sich den Anschein des Rechtschaffenen zu geben, während die Gewalt immer weiter eskaliert, der trägt genau zu dieser bei.

    Wenn man nach über einem Jahr nicht gemerkt hat, dass Appelle, Reden und Inspektoren nichts bringen... dann heißt dies, man ist nicht gewillt, die friedliche und politische Opposition zu unterstützen.

    Diese ist nämlich der Kern des Widerstands und nicht irgendwelche religiöse Spinner, Terroristen oder dergleichen.

    Es gibt politische Vertreter und es gibt einen Verfassungsentwurf der Opposition.

     

    Unser Handeln verlängert die Eskalation der Gewalt und erschwert den dringend notwendigen Versöhnungsprozess zwischen den Menschen in Syrien.

  • RM
    Regine Metes

    Die Heucheleien des Herrn Westerwelle sind unerträglich. Aber er tut ja nur, was ihm die Führung gestattet. Also können wir das ebenso auf Frau Merkel beziehen.

    Also: Angst vor Flächenbrand.

    D.h. die Rechnung geht nicht auf. Brennen sollten lediglich die sogenannten "Schurkenstaaten" wie Libyen, Syrien, Iran. "Schurkenstaaten" nur, weil sie sich nicht unter die Obrigkeit des Westens begeben wollen, das ist alles, aber in den Augen des Westens ein Verbrechen.

    Also an deren Eskalation wird permanent gearbeitet: Zerstörung der Volkswirtschaften. Diese menschenverachtende, von Deutschland angeführte EU-Politik gegenüber den arabischen Staaten ist nicht länger zu ertragen. Friede für die arabischen Staaten!

  • D
    Dirk

    "Angesichts der anhaltenden Gewalt in Syrien hat die Europäische Union ihre Sanktionen gegen die Führung in Damaskus weiter verschärft."

     

    Die islamistischern Terrorbanden morden weiter mit freundlicher Unterstützung des religionsfaschistischen Regimes in Saudi-Arabien - und die EU straft dafür Assad ab. Ihr zynischen EU-Typen einschließlich unseres Außenministers - schaut euch die Demos von Solingen und Bonn an und die Gesellschaftsvorstellungen der Salafisten - das sind großteils eure Freiheitskämpfer. Diese Politik ekelt mich nur noch an.