Konferenz über Postwachstum: Die Welt besser machen

Kann die Wirtschaft wachsen und dabei ökologisch nachhaltig sein? Die Postwachstumsszene sagt Nein.

Davon gibt es nur eine: die Erde. Bild: dpa

DEUTSCHLAND zeo2 | Einen Monat vegan leben, die Radtour durch Brandenburg statt Sonnen in der Südsee, auf einer Demo gegen das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA vorgehen: das Weltretten ist wieder in Mode.

Neu an der Degrowth-Bewegung ist, dass sie sich nicht über einzelne Themen wie Umwelt, Soziales oder Demokratie definiert, sondern sie alle mit unserer  Ausrichtung auf Wachstum verknüpft sieht. Neu ist auch, dass vergangene und drohende Krisen das gesellschaftliche Klima für eine Suche nach Alternativen verbessern. In dieser Bewegung kommen diverse Diskurse zusammen: Ökologische Nachhaltigkeit, soziale Ungleichheit, Demokratie und das „gute Leben“:

1. Kann die Wirtschaft wachsen und dabei ökologisch nachhaltig sein? Die Postwachstumsszene beantwortet diese Frage mit einem klaren Nein. Die ökologischen Krisen unserer Zeit werden sehr ernst genommen. Nehmen wir den Klimawandel: Bis 2050 müssen laut IPCC (International Panel on Climate Change) die Emissionen, die weltweit pro Jahr ausgestoßen werden, um 85% gegenüber dem Jahr 2000 verringert werden, um 2 °C Erderwärmung nicht zu überschreiten.

Die „vierte internationale Degrowth-Konferenz für ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit“ findet 2. bis 6. September in Leipzig statt. Mehr Informationen unter www.degrowth.de

Trotz technologischer Lösungen für mehr Effizienz wächst der globale CO2 Ausstoß weiterhin. Um die Emissionen tatsächlich zu reduzieren, sollten wir nicht nur effizientere Technologien einführen, sondern weniger konsumieren und produzieren.

Umverteilung und Umgestaltung

2. Wie kann eine gerechte Verteilung des materiellen Wohlstands erreicht werden? Unsere Art zu Wirtschaften erhöht Ungleichheiten in Einkommen und Vermögen – sowohl innerhalb einzelner Länder als auch international. In einer Postwachstumsgesellschaft sollen sie verringert werden – durch Umverteilung, andere Unternehmensformen und eine Umgestaltung der Sozialsysteme. Auf internationaler Ebene wird der Zusammenhang zwischen unserer Wirtschaftsweise und deren sozialen und ökologischen Auswirkungen besonders deutlich.

Beispiele sind die Auswirkungen des Klimawandels, die Zerstörung der Artenvielfalt, Ressourcenknappheit oder auch Landgrabbing. Durch andere und geringere Produktion im globalen Norden könnten wir negative soziale und ökologische Auswirkungen im globalen Süden verringern.

3. Wie kann die Wirtschaft demokratisch kontrolliert und organisiert werden? Ein dritter Pfeiler dieser Bewegung ist die Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Entscheidungsstrukturen: Sowohl in Deutschland und als auch international sind Wirtschaftsakteure so mächtig, dass sie Entscheidungen durch ihre starke Lobby bestimmen und sich Gesetzen, beispielsweise der Besteuerung, entziehen können.

Diesen undemokratischen Strukturen wollen wir entgegenwirken – durch kleinere Wirtschaftsstrukturen und eine geringere Konzentration wirtschaftlicher Macht.

Burnout- und Depressionszahlen steigen

4. Welche Art des Produzierens und des Lebens führt zu hoher Lebensqualität? Empirische Befunde aus der Glücksforschung zeigen, dass die Lebenszufriedenheit in den reichen Ländern wenig mit wirtschaftlichem Wachstum zu tun hat.

Begleiterscheinungen der auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaft und Lebensweise nehmen zu, die Burnout- und Depressionszahlen steigen. Beschleunigung des Lebensalltags, sinnloser Konsum und große Konkurrenz um Karrieremöglichkeiten bewegen viele Menschen dazu, ein gutes Leben außerhalb dieser Strukturen zu suchen.

Die Postwachstumsszene trifft sich im September 2014 in Leipzig, vielleicht zu ihrem vorerstigen Höhepunkt, was die deutsche Bewegung betrifft. Dort wird gemeinsam mit einem internationalen Publikum diskutiert, welche konkreten Veränderungen man in naher Zukunft vorantreiben will und welche Projekte in den nächsten Jahren forciert werden – um die Welt zumindest ein bisschen besser zu machen. Alle sind herzlich eingeladen, an diesen Diskussionen teilzunehmen!

Steffen Lange ist Mitglied des Organisationsteams der in der AG Wissenschaft der Degrowth-Konferenz 2014. Den Artikel können Sie gerne auf unserer Facebook-Seite diskutieren.