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Kommunikation statt Totschlag

■ Kampnagel: Erste öffentliche Präsentation von Diplom-Arbeiten der Kunsthochschule

Der scheinbar sinnlose Titel eines „Diplom-Künstlers“ ist nichts anderes als der zeitgemäße Ersatz für die ursprüngliche Bezeichnung „Meisterschüler“. Erfinder dieser Umbenennung, die vor allem auf dem Gebiet der Sozialversicherung und höheren Besoldung Vorteile für die Studenten erbringt, ist die Kunsthochschule Hamburg. Nun werden die Arbeiten der Diplom-anwärter erstmalig, auf Betreiben und unter Betreuung des Prüfungsausschuß-Vorsitzenden KP Brehmer, vor der Prüfung ausgestellt.

Was wird nun ohne thematisch verbindlichen Ausstellungsschwerpunkt geprüft? Erstens, sich und seine Arbeit darzustellen. Zweitens, den Mitausstellenden gegenüber soziale und kommunikative Kompromißfähigkeit zu zeigen. Und drittens, die Ausstellung unter ungünstigen Bedingungen selber zu organisieren. Die zu Diplomierenden bilden zudem keine vergleichbare Einheit. Zwischen Semesterzahl acht und 20 äußern sie sich in der gesamten Bandbreite der Gegenwartsformen. Die Bühnenbildner präsentieren sich neben dem Tafelmaler, Objekt- und Reliefarbeiten konkurrieren mit Rauminstallationen, diese wiederum mit Fotografie und reproduktions-technischen Orientierungen.

Allein in diesem Sinne ist der Versuch einer praxisbezogenen, öffentlichen Präsentation sinnvoll: als unmittelbare Vorbereitung auf die Wertvorstellungen in Museum, Galerie, Kunstmarkt und publizistischen Medien. Die Gegenwart fordert hier einen neuen Typus von Künstler: „Am Ende steht jeder mit seinem Kunstbegriff ganz alleine da, und es stellt sich heraus, daß wir Künstler heutzutage alle Klein-Unternehmer sind – und die Studenten sollen lernen, auf diese Art und Weise Wurzeln zu schlagen.“ (KP Brehmer).

Die größte Schwierigkeit ist zweifelsohne, dem Betrachter einen identifizierbaren Klang zu vermitteln, wobei dem Ausstellungsbetreuer die Aufgabe zukommt, „Mord und Totschlag zu verhindern“ (KP Brehmer). Auffällig bei der Präsentation ist die werkimmanente Konfrontation zwischen formal sehr sensibel ausgearbeiteten Installationen und Wandarbeiten (u.a. Jutta Weimann, Oliver Böhm, Claudia Maas, Anke Herrmann) und chaotisch aus dem Amorphen anwachsenden Assoziationsfeldern, die mit einem Titel aus dem Bühnenbildbereich beschrieben werden können: „Immer wieder ist meine Arbeit ein Neuanfang, während ich mich ganz hilflos fühle“. Da erscheinen zum Beispiel materialbezogene Malereien, denen ohne Vorwissen schwer zu entnehmen ist, ob sie ironische oder hommage-artige Anspielungen auf Chagall und Klee enthalten.

Der Gesamteindruck eines unaufgeräumten Schreibtisches wird mit Charme vermittelt: ein neugierig machendes Gewirr inhaltlicher und materialer Überlagerungen, das zu entschlüsseln sich lohnt. 70 Prozent hätten eine Auszeichnung verdient: Toi, toi, toi.

Gunnar F. Gerlach

Bis 24.2., K3, 16–20 Uhr

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