■ Kommentare Das „Volontariat“:: Eine Bereinigung der Arbeitslosenstatistik
Italiens Regierende haben plötzlich das „Volontariat“, die Heerscharen sozialer Helfer, entdeckt. Einst Domäne vor allem der Parteien – die damit zwar sicher Gutes getan, vor allem aber ihre Absicht verwirklicht haben, Wähler anzuziehen –, ist mit der wachsenden Parteienverdrossenheit die Lust auf dieses Engagement rapide gesunken. Nun soll das Volontariat sozusagen verstaatlicht werden: Vor allem Jugendliche, und dabei wieder vor allem arbeitslose, sollen sich nun „sozial engagieren“, „gesellschaftlich wertvolle Arbeit“ leisten, wie das Arbeitsministerium sich das so vorstellt.
Inzwischen gibt es in Italien zahllose Institutionen, wo man derlei realisieren kann: in der Altershilfe, bei geistig Behinderten (die in Italien vor Jahren aus der Psychiatrie „befreit“, dann aber oft sich selbst überlassen wurden), im Flüchtlingswesen und bei Initiativen für vergewaltigte Frauen. Als Anreiz dient zunächst einmal Geld für Freiwilligenverbände, damit diese ihrerseits ein Angebot machen können, und dazu das – allerdings noch längst nicht ratifizierte – Versprechen, solcherart Tätigkeiten später mal auf die Rente angerechnet zu bekommen.
Natürlich hat niemand etwas dagegen, wenn sich unsere Gesellschaft wieder mehr sozialen Aufgaben widmet, nachdem sie jahrzehntelang nichts anders als die Ellbogenmentalität gefördert hat. Dennoch liegt der Verdacht nahe, daß man sich hier eine billige Bereinigung der katastrophalen Arbeitslosenstatistiken ausgedacht hat: Wer im Volontariat eingeschrieben ist und regelmäßig Entgelt dafür erhält, fliegt aus der Statistik der Arbeitssuchenden heraus.
Darüber hinaus könnte die bedenkenlose Aufforderung an Jugendliche, in nahezu allen defizitären Bereichen einzuspringen, bald zu einem Überangebot unkompetenter Betreuer führen. Natürlich ist es für Drogensüchtige gut, wenn ihnen „saubere“ Altersgenossen an die Seite gestellt werden. Doch wie die Sache jetzt aussieht, wird für jeden freiwilligen Jugendlichen ein ausgebildeter Entzugstherapeut eingespart. Dasselbe Problem gibt es auch bei der Betreuung der Flüchtlinge vom Balkan. Diese Menschen benötigen an allererster Stelle gewiefte Verwaltungsexperten, um Gelder loszueisen und die immer wieder drohenden Abschiebungen zu verhindern. Außerdem Psychologen und Psychiater, die ihnen helfen, mit den Kriegssyndromen fertigzuwerden. Jugendliche eignen sich für diese sensiblen Bereiche wohl kaum.
Damit will ich das soziale Engagement von Jugendlichen nicht schlechtmachen. Doch sie werden wesentlich besser helfen können, je mehr sie von Fachleuten angelernt werden. Bloßer Aktionismus und das Gefühl „irgend etwas zu tun“, ist auf lange Sicht fatal, auch wenn man für einige Zeit die jungen Leute „von der Straße“ wegbekommt. Costanza Meravia
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