Kommentar: Dümmer, als die Polizei erlaubt
Nach ihrer öffentlichen Empörung gegen sexistischen Rap ist Monika Griefahn (SPD) die meisteghasste Frau des Business. Nach vertonten Morddrohungen ermittelt die Polizei gegen Rapper.
A ls sich die SPD-Politikerin Monika Griefahn vor zwei Jahren über sexistische Rap-Texte empörte, schüttelten viele den Kopf. Die Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestages hatte gefordert, private Radiostationen und Fernsehsender sollten frauenfeindliche und gewaltverherrlichende Rap-Songs und Video-Clips gar nicht erst in ihr Programm aufnehmen. Sonst, so ihre Drohung, müssten die Landesmedienanstalten einschreiten. Außerdem sorgte sie dafür, dass mehrere CDs auf dem Index der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" landeten.
Daniel Bax, 37, taz-Meinungsredakteur, schreibt über Migration und Popkultur. Er hört auch Rap Musik.
Vor allem einige der frühen musikalischen Ergüsse des Berliner "Aggro"-Labels und von inzwischen namhaften Rappern wie Sido und Bushido waren davon betroffen. Kenner der Hiphop-Szene hielten das zwar für einen zweifelhaften Erfolg. Sie fürchteten, solche Verbote würde den Ruhm der rappenden Möchtegern-Gangster noch mehr anheizen: Wenn diese sich auch noch als verfolgte Tabubrecher gerieren könnten, würden sie erst recht zu Helden der Schulhöfe aufsteigen.
Ganz wirkungslos scheint Monika Griefahns Tun allerdings nicht gewesen zu sein, gilt sie doch seither in bestimmten Kreisen des deutschen Hiphop-Untergrunds als meistgehasste Frau. Nicht immer fallen die Reaktionen so harmlos aus wie bei Bushido: "Monika steht nicht auf meinen Humor", rappte der auf seinem Song "Endgegner". Manche Schmähungen reichten bis hin zu regelrechten Morddrohungen. Dass nun die Polizei eingeschritten ist, ist daher nur konsequent.
Es ist zwar kaum anzunehmen, dass die Schusswaffen, die bei Razzien unter Rappern sichergestellt wurden, einem Mordkomplott dienen sollten. Dennoch ist klar, dass hier eine Grenze überschritten wurde. Der Fall wirft ein trauriges Licht auf den deutschen Hiphop-Untergrund. Um den Erfolg des "Aggro"-Labels zu kopieren, überbieten musikalisch minderbemittelte Trittbrettfahrer dessen Provokations-Masche mit immer gröberen Pöbeleien. Dabei verstoßen sie nicht mehr nur gegen den guten Geschmack. Sondern auch gegen bestehende Gesetze.
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