Kommentar: Das andere Ich der CSU
Pauli inszeniert sich zwar außerhalb des politisch Normalen. Doch so schafft sie, was schon lange keine Frau mehr packte - den männlichen Partei-Granden auf der Nase herumzutanzen.
D ie CSU wird ihre Gabriele Pauli so leicht nicht los. Und das ist für die Partei gar nicht schlecht. Diese Frau bewegt sich teilweise außerhalb des politisch Normalen. Mit ihrer Basisinitiative gegen Stoiber, mit der Inszenierung ihrer Weiblichkeit, die sie mit den berühmten Latexfotos auf die Spitze trieb. Mit ihrer - aussichtslosen - Kandidatur für den CSU-Vorsitz. Vieles davon wird ihr als Schauspielerei, Eitelkeit oder gar politische Dummheit ausgelegt. Aber die Show der Pauli ergibt einen Sinn.
Heide Oestreich ist Inlands-Redakteurin der taz und Fachfrau für Gender-Themen.
In der CSU hat bislang kaum eine Frau die Chance gehabt, einen einflussreichen Position jenseits der "Frauenressorts" wie des Sozialministeriums zu bekleiden. Pauli ist der lebende Beleg für den Mangel an Geschlechterdemokratie und innerparteilicher Demokratie. Es sei daran erinnert, dass ihre basisdemokratische Bewegung gegen Stoiber mit Hilfe einer Schmutzkampagne neutralisiert werden sollte, während deren sie die Staatskanzlei bespitzelte.
Die teilweise karikaturhafte Art, in der sich Pauli als die ganz Andere präsentiert - die Frau (mit Sexualität), ohne Programm, ohne namhafte UnterstützerInnen - hat etwas mit der Situation in der CSU zu tun. Wie ein Narr, der dem König den Spiegel vorhält, tanzt Pauli den Männern auf der Nase herum. Hier der Männerfilz, dort die einzelne Frau. Hier die Saubermänner, deren Erotik heimlich mit Geliebten ausgelebt wird - dort die Frau, die öffentlich mit "schmutzigen" Bildern spielt.
Pauli inszeniert etwas, was ähnlich funktioniert wie der Diskurs der "Preziösen" in den französischen Salons des 17. Jahrhunderts: Sie wurden für ihre überkultivierten, geschwätzigen und gefühlsbetonten Sentenzen belächelt. Doch waren diese auch Ausdruck der Tatsache, dass Frauen an den Universitäten nicht zugelassen waren. Der rationale Diskurs schloss sie aus - sie wählten den scheinbar irrationalen. Ähnlich präsentiert sich Pauli. Diese Strategie der Provokation von außen ist bisher nicht ohne Erfolg geblieben. Dennoch ist sie auch fragwürdig. Wir leben nicht mehr im 17. Jahrhundert. Es gibt auch für Gabriele Pauli mittlerweile andere Wege zur Macht.
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