Kommentar: Touren verbieten hilft nichts
Nach dem Tour de France-Debakel ist die Absage weiterer Rennen keine Lösung. Lasst die Radler ruhig weiterfahren: Ohne Live-Schaltung und Fördergelder.
D ie Tour de France 2007 ist vorbei, der Besenwagen sammelt noch die letzten Dopingsünder auf - und schon stehen die nächsten großen Rennen bevor: die Deutschland-Tour im August sowie die Rad-Weltmeisterschaft in Stuttgart im September. Zwei willkommene Anlässe für die moralischen Mahner der Szene: "Absagen!" lautet die Forderung, unter anderem von Peter Danckert, dem Vorsitzenden des Sportausschusses im Bundestag. Doch auch wenn der Impuls verständlich und die Sorge vor neuen Dopingskandalen berechtigt ist, würde eine komplette Streichung der Rennen dem Radsport überhaupt nicht weiterhelfen. Ein annullierter Sport ist auch kein sauberer Sport.
Jutta Heeß, 35, ist taz-Autorin und schreibt regelmäßig über Doping. Leider. Lieber würde sie öfter über die schönen Seiten des Sports berichten, zum Beispiel über Basketball und Turmspringen.
Allerdings wäre es eine gute Idee, wenn sich der Bund und die Medien nicht weiter als Wasserträger einer dopingverseuchten Sportart abstrampeln würden. Sanktionen könnten Doper und ihr Umfeld aufrütteln und zum Umdenken bewegen. ARD und ZDF haben ihren Unwillen ja bereits deutlich gemacht, als sie nach Bekanntwerden des positiven Dopingtests des T-Mobile-Fahrers Patrik Sinkewitz aus der Live-Übertragung ausgestiegen sind. Über die Art der Berichterstattung bei der Rad-WM wird noch diskutiert - konsequent wäre, wenn die Sender erneut nicht live, sondern nur in Zusammenfassungen berichten würden. Und auch die Bundesregierung könnte ein Signal setzen: Sie sollte die vorgesehenen 150.000-Euro Förderung für die Rad-WM streichen. Denn der Veranstalter, der Internationale Radsportverband (UCI), hat im Laufe der Tour gezeigt, dass er in Sachen Doping und gegenüber verdächtigen Fahrern - wie Tour-Sieger Alberto Contador und den lange Zeit führenden Michael Rasmussen - sehr schlampig beziehungsweise gar nicht handelt.
Keine Live-Übertragungen, keine Fördergelder und weniger Enthusiasmus an den Straßenrändern - das wären empfindliche Strafen für den Radsport. Aber lasst sie ruhig fahren! Jeder neue Dopingfall verdirbt uns zwar den Spaß am Sport, doch übt er Druck auf Funktionäre, Sponsoren und Fahrer aus, das verkommene "System Radsport" von Grund auf zu erneuern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!