Kommentar: Erfolg der Schwäche
Die südkoreanischen Geiseln kommen frei - eine gute Nachricht für die Angehörigen, aber eine Tragödie für Afghanistan und die internationale Gemeinschaft.
D ie noch lebenden südkoreanischen Geiseln sind frei oder werden in den kommenden Tagen aus der Gefangenschaft in Afghanistan entlassen. Niemand kann den Angehörigen die Freude über diesen Ausgang des Dramas am Hindukusch verdenken. Dennoch handelt es sich in Wahrheit um eine Tragödie - für Afghanistan, für die Regierung von Präsident Hamid Karsai und für die internationale Gemeinschaft.
Denn nichts kann die Machtlosigkeit der Regierung in Kabul mehr unter Beweis stellen als die Tatsache, dass dieses Ergebnis ohne ihr Zutun und ihre Billigung zwischen den Geiselnehmern und der Regierung in Seoul ausgehandelt wurde. Zugleich sendet die Zusage eines Truppenabzugs und die vermutlich geflossene Lösegeldzahlung das fatale Signal an die Geiselnehmer, dass ihre Taktik Erfolg verspricht. Ein Ende der Geiselnahmen ist deshalb ebenso wenig in Sicht wie ein Sieg gegen die radikalen Islamisten.
Das Dilemma jeder Regierung bei Geiselnahmen ist: Zeigt man Schwäche, ermutigt man weitere Entführungen, zeigt man Härte, läuft man Gefahr inhuman zu wirken und letztlich auch zu sein. Eine demokratische Regierung wie die Südkoreas würde es vermutlich kaum überleben, die Erschießung von 21 Landsleuten zuzulassen. Die einzige Lehre, die Seoul aus diesem Desaster ziehen kann, ist daher, in Zukunft stärker zu kontrollieren, wer warum nach Afghanistan fährt. Naive Missionare sind das Letzte, was Afghanistan derzeit braucht. Zugleich kann sich die internationale Gemeinschaft eine solche Niederlage im Kampf gegen die Taliban nicht zweimal erlauben.
Für die Bundesregierung macht der Ausgang des Dramas die Lage nicht einfacher. Es bleibt Angela Merkel nichts anderes übrig, als nach außen Härte zu zeigen und dennoch so lange wie möglich über die Freilassung von Rudolf B. zu verhandeln. Ob 19 Geiseln oder eine - die Gewissensfrage kann man niemandem abnehmen. Hoffentlich erkennt die internationale Gemeinschaft langsam, dass der Versuch, das Problem Afghanistans auf die billige Tour - also mit zu wenig Soldaten und zu wenig Aufbauhilfe - zu lösen, auf Dauer alle teuer zu stehen kommt.
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