Kommentar: Willy Brandt oder Bertolt Brecht
Wiie soll der neue Flughafen in Schönefeld heißen? Die SPD will Willy Brantd als Namensgeber. Aber auch CDU, FDP und Grüne sparen nicht mit Vorschlägen.
Geschickt war es schon, wie SPD-Landes- und -Fraktionschef Michael Müller vom Volksbegehren gegen die Schließung des Flughafens Tempelhof ablenkte. Warum den neuen Flughafen Berlin Brandenburg International nicht nach Willy Brandt benennen?, fragte Müller anlässlich des 50. Jahrestags der Wahl Brandts zum Regierenden Bürgermeister. Seitdem wird über den BBI-Namen debattiert, und kaum einer redet noch von Tempelhof.
In der Berliner Landespolitik ist ein Streit über den Namen für den künftigen Hauptstadtflughafen in Schönefeld entbrannt. SPD-Landeschef Michael Müller hatte zunächst den früheren Bundeskanzler Willy Brandt als Namensgeber vorgeschlagen. Die Opposition plädiert für Prominente, die keine Sozialdemokraten waren. Müller nannte die Debatte daraufhin am Mittwoch "erbärmlich" und "peinlich". Ein Flughafen-Sprecher betonte, die Entscheidung stehe wohl erst 2009 an. Der Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) soll 2011 eröffnen. Müller hatte "Willy-Brandt-Flughafen" vorgeschlagen. Die CDU favorisiert Albert Einstein oder Marlene Dietrich als Namenspatron, die FDP den früheren Reichskanzler Gustav Stresemann, die Grünen wollen Flugpionier Otto Lilienthal, nach dem, was kaum bekannt ist, bereits der Flughafen Tegel benannt ist. Auch die Brandenburger CDU brachte einen Namen ins Spiel: "Flughafen der Deutschen Einheit".
Doch hat die Diskussion auch zur richtigen Zeit begonnen? Natürlich hat die grüne Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig recht, wenn sie meint, der Senat blase die Backen auf, wo das Projekt wieder am Schlingern sei. Auch die Senatskanzlei wünsche sich, wie Senatssprecher Günter Kolodziej verriet, eine Entscheidung zu gegebener Zeit. Gleichwohl hat das heitere Namensraten begonnen. Die FDP will einen Gustav Stresemann Airport, die CDU hat gleich drei Vorschläge parat: Carl Schenk Graf von Stauffenberg, Albert Einstein und Marlene Dietrich.
Immerhin zeigt die Beliebigkeit dieser Vorschläge, welcher Treffer der SPD gelungen ist. Willy Brandt Airport, das hätte nicht nur Lokalkolorit, sondern auch internationale Ausstrahlung. Ein bisschen wäre es das Berliner Pendant zum New Yorker JFK.
Gleichwohl hat Michael Müller der Idee einen Bärendienst erwiesen - nicht nur wegen des Ablenkungsmanövers in Sachen Tempelhof. Der Vorschlag aus seinem Munde ist auch eine Parteipolitisierung, die der Debatte schadet. Nun, da die Frage buchstäblich in der Luft hängt, ist vielmehr eine öffentliche Diskussion notwendig. Warum nicht Bertolt Brecht International? Das wäre auch im Ausland verständlich, und obendrein könnte man das Kürzel BBI beibehalten.
Die nächsten vier, fünf oder sechs Jahre werden also munter. Vielleicht heißt es am Ende ja wieder: Die Debatte war das Ziel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass