Kommentar: Arroganz und Gleichgültigkeit
Der Senat versperrt Abgeordneten den Zugang zu wichtigen Informationen. Das schadet der Opposition - und der Demokratie
Gesetze können voller Versprechungen sein. Selbst mit spröden Worten können sie Parlamentariern das Gefühl geben, wichtig zu sein. Zum Beispiel dann, wenn es im Gesetz über die Berliner Parlamentsfraktionen heißt: "Ihnen obliegt die Mitwirkung an der Gesetzgebungs- und der Kontrollfunktion des Abgeordnetenhauses." Das klingt nach selbstbewusster Teilhabe an den politischen Entscheidungen. Tatsächlich aber behindert der Senat die Abgeordneten, wo er kann. Und er tut es aus Gleichgültigkeit und Arroganz.
Die SPD regiert als Junior- oder Seniorpartner seit Jahrzehnten. Sie kann es sich kaum vorstellen, im tendenziell linken Berlin in absehbarer Zeit nicht Teil der Regierung zu sein. Die Basis der Linken wiederum nickt noch immer brav fast alles ab, was ihre Führung ihr zur Abstimmung vorlegt.
Beides macht gleichgültig gegenüber den natürlichen Interessen der Opposition. Hinter deren Großen und Kleinen Anfragen steckt oft der Wunsch, es dank der Senatsantworten in die Zeitungen zu schaffen. Das ist verständlich: Öffentlichkeit für Landespolitik zu bekommen, ist ohnehin schwer. Besonders anstrengend ist es aber für die Opposition.
Publicity brauchen Abgeordnete, um auf Missstände aufmerksam machen zu können. Das aber ist nicht nur ein Problem für eine Handvoll Abgeordnete, sondern für die gesamte interessierte Öffentlichkeit. Ein Beispiel: Der Senat rückte nicht damit heraus, welche Ersatzspielstätten für die Staatsoper er prüfte. Wie aber sollten die Parlamentarier guten Gewissens abstimmen? Vielleicht wäre die Alternative preisgünstiger. Vielleicht könnte so einem vernachlässigten Gebäude wieder Sinn verliehen werden.
Da tröstet es wenig, dass es den Fraktionen von SPD und Linken ähnlich geht. Auch sie sehen sich Arroganz und Gleichgültigkeit des eigenen Senats gegenüber. Es ist an ihnen, daran etwas zu ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!