Kommentar: Wowereit kann locker bleiben
Es ist richtig, der Propagandamaschine aus Springer, Billigfliegern und einem einfallslosen CDU-Chef nicht auf den Leim zu gehen.
Die Flughafen-Fanatiker haben 174.000 Unterschriften zusammen bekommen. Und wie reagiert der Senat? Er will sich verhalten, wenn das amtliche Endergebnis bekannt ist. In drei Wochen vielleicht. Leichtsinn? Ignoranz? Arrogantes Aussitzen? Nein. Denn es ist richtig, der Propagandamaschine aus Springer, Billigfliegern und einem einfallslosen CDU-Chef nicht auf den Leim zu gehen.
Bleiben wir auf dem Teppich: Sieben Prozent der Wahlberechtigten haben unterschrieben. Beim Volksentscheid müssen 25 Prozent zustimmen.
Jeder dritte Berliner kommt aus dem Ostteil der Stadt. Sie verbinden mit dem Flughafen allemal ein schmuckloses Bauwerk aus der Nazizeit. Eine weitere Million ist nach dem Mauerfall nach Berlin gezogen. Auch sie kann mit dem Nostalgiegeschwafel der Rosinenbombergeneration nicht viel anfangen, sondern freut sich, dass der Senat vielleicht bald eine gigantische Grünfläche freigibt.
Es verbleiben ewiggestrige Westberliner. Aber auch ihnen wird die Freude schnell vergehen. Trotz bereits eingeschränktem Flugverkehr waren die Neuköllner wegen der Westwinde schon immer die Leidtragenden des Flugzeuggestanks. Spätestens wenn klar gemacht wird, dass keine schnuckeligen Propellermaschinen über die Köpfe brettern, sondern Düsenmaschinen und die Kerosinreste beim Outdoor-Frühstück in die Tasse tropfen, wird es auch in Lichterfelde mit der Freude am Flughafen vorbei sein. 60.000 Maschinen im Jahr sollen nach dem Willen der Icat wieder landen.
Für die Flughafenfreunde wird es also schwierig, 600.000 Ja-Stimmen zusammen zu bekommen. Der Senat kann sich locker machen. Außerdem: Eine Gegenkampagne à la Icat ist ohnehin zu teuer. Aber selbst wenn die Flughafengegner das Geld hätten: Es lohnt sich nicht, 300.000 Euro für eine Gegenkampagne auszugeben. Es gibt wahrlich wichtigere Themen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“