Kommentar: Ein Glücksfall für Wowereit
Berlins Regierender Bürgermeister würde mit dem Dalai Lama reden, wenn der denn nur wollte. So oder so, Wowereit kann von seiner Offerte nur profitieren.
Man muss Klaus Wowereit danken. Mit seinem verklausulierten Gesprächsangebot an den Dalai Lama hat er dem unrühmlichen Reigen von Absagen an das tibetische Oberhaupt ein Ende gesetzt. Zugleich zeigt sich, dass der Regierende Bürgermeister beim Spiel mit der öffentlichen Meinung zu alter Stärke zurückgefunden hat.
Der asiatische Kuttenträger ist längst Pop. Und das von den Chinesen drangsalierte Bergvolk genießt die Unterstützung einer großen Mehrheit in der Bundesrepublik. Wo David gegen Goliath antritt, sind die Sympathien schnell verteilt. Zumal wenn David immer lächelnd um Frieden bittet, während Goliath mit dem Säbel rasselt. Wer es sich leisten kann, stellt sich da auf die Seite der Schwachen.
Wowereit kann es sich leisten. Anders als jene Politiker, die wegen ihres Amtes immer noch meinen, auf die diplomatische Sensibilität der Chinesen Rücksicht nehmen zu müssen, kann der Regierende frei handeln. Und es muss ein Genuss für ihn sein, dass er en passant mit dem zögerlichen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier auch noch einen parteiinternen Rivalen alt aussehen lassen kann.
Für Wowereit ist das ohne Risiko. Zwar könnte es die chinesische Führung im fernen Peking erzürnen, wenn sich der "ozeangleiche Lehrer" aus dem Himalaja tatsächlich mit dem wannseegleichen Bürgermeister aus der ostdeutschen Tiefebene treffen würde. Doch eine diplomatische Brüskierung durch Peking muss Wowereit nicht fürchten. Das Gegenteil ist der Fall. Im Extremfall bekäme er die Gelegenheit, seine in Berlin umstrittene Reise zu den Olympischen Spielen erhobenen Hauptes canceln zu können.
Mit dem Dalai Lama hat Wowereit mal wieder einen Trumpf gezogen, mit dem er nur gewinnen kann. Wenn nebenbei auch noch etwas für die Menschenrechte rausspringt, umso besser.
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