Kommentar: Neue Diskussion unausweichlich
Nicht eine Partei im Abgeordetenhaus ist bei Mediaspree willens, sich hinter das Votum des Bürgerentscheids zu stellen.
Spät, sehr spät kam sie, die Debatte im Abgeordnetenhaus über Mediaspree. Exakt zwei Monate nach der veritablen Abfuhr beim Bürgerentscheid in Friedrichshain-Kreuzberg debattierte das Parlament über die Konsequenzen daraus. Wie nötig die Aussprache war, zeigt ihr Ergebnis. Das waren weniger die klaren Worte der Stadtentwicklungssenatorin, die man je nach Gusto als Standfestigkeit loben oder als Sturheit geißeln kann. Vielmehr wurde deutlich, dass nicht eine der fünf Fraktionen willens oder in der Lage ist, sich hinter das Votum des Bürgerentscheids zu stellen.
Dabei spielt es fast keine Rolle, ob man - wie FDP-Fraktionschef Martin Lindner - die Mediaspree-Kritiker am liebsten direkt in die brandenburgische Pampa verbannen möchte oder ob man - wie Klaus Lederer, sein Kollege von der Linksfraktion - die kreative Szene am Ufer lobend erwähnt, zugleich aber keinen Zweifel daran lässt, dass jeder Investor seinen genehmigten Betonbau ans Ufer klotzen darf.
Denn das Problem liegt woanders. Alle fünf Fraktionen haben die Einführung des Bürgervotums mitgetragen. Sie haben eine begrüßenswert weitreichende Reform auf den Weg gebracht. Die hat der Bürger nun tatsächlich zu einem radikalen Umsteuern genutzt, wie es kein Politiker je geschafft hätte. Kein Wunder, dass die Politik nicht mehr hinterherkommt.
Zwei Auswege aus dem Dilemma bleiben: Entweder die Politik rafft sich auf und setzt den Bürgerwillen doch noch in aller Kosequenz um. Das wäre korrekt, ist aber unwahrscheinlich. Oder die Fraktionen müssen genauer definieren, über was sie den Bürger abstimmen lassen wollen - und vor allem: über was nicht. Demokratietheoretisch ist diese Einschränkung höchst bedauerlich, demokratiepraktisch aber wird es allerhöchste Zeit dafür.
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