■ Kommentar: Farbe bekennen
Das Kalkül geht nun nicht mehr auf. Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow hatte seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren beharrlich versucht, den Konflikt um die Nutzung der besetzten Roten Flora herunterzukochen, indem er das Thema von der politischen Tagesordnung nahm.
Die Sanierung von Hafenstraße und Roter Flora wollte der Senator, mit untrüglichem Sinn fürs politisch Machbare ausgestattet, Senat und Bürgerschaft nicht zeitgleich zumuten. Zu groß erschien ihm die Gefahr, daß im Rahmen der spezialdemokratischen Links-Rechts-Symmetrie eine zeitliche Kopplung beider Sanierungsvorhaben mit einem entweder Flora- oder-Hafenstraßen-Kompromiß gelöst werden würde. Also brachte Mirow die Hafenstraßen-Lösung auf den Weg und ließ die Rote Flora bewußt links liegen.
Nun hilft kein Aussitzen mehr - der Senator muß sich erklären. Er kann dabei nur hoffen, daß die Feuerversicherungssumme den Schaden weitgehend abdeckt. Klappt das nicht, wird ihm ein scharfer Wind aus der rechten SPD-Ecke und – selbstredend – der CDU ins Gesicht wehen. Ein idiologisch beladenes Thema wird dann auf der Ebene fehlender Haushaltstitel diskutiert und gelöst werden.
Fest steht nur: Im politischen Machtkampf haben die Rot-FloristInnen durch den Brand erheblich an Boden verloren. Selbst wenn der Wiederaufbau politisch durchsetzbar ist, wird daran der Versuch gebunden sein, den staatlichen Einfluß auf das ungeliebte Stadtteilzentrum, zu verstärken. Für Sprengstoff dürfte in den nächsten Monaten gesorgt sein – der Ausgang des Konflikts ist dabei völlig offen.
Marco Carini
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