■ Kommentar: Satt und selbstlos
Freut euch, ihr Obdachlosen, Armen und Vergessenen, die SpendenparlamentarierInnen kommen. Denn gut sein tut gut. Auch wenn die „Unbedachten“ selbst nicht mitbestimmen im Spendenparlament. Austeilen darf nur, wer Geld hat. Doch bei soviel Engagement der Satten und Selbstlosen will man nicht gleich kleinlich werden.
Auch der Stadtstaat ist froh: Freie BürgerInnen der freien Hansestadt verteilen aus freien Stücken ihr Geld. Wo der Sozialstaat versagt, federt die Wohltätigkeit ab. Und die Habenichtse und Zukurzgekommenen sollten dafür dankbar sein.
An den Strukturproblemen einer Gesellschaft, die immer mehr Menschen zu Randgruppen erklärt, ändert sich natürlich nichts. Doch ein Platz im Spendenparlament und ein Patenkind in Indien fühlen sich gut an. Suppe für die Armen, aber der goldene Löffel bleibt hier. Interessant ist am Spendenparlament ein einziger Punkt: Das Bemühen, soziale Projekte nicht länger von der Gnade launiger Politik abhängig zu machen. Wirklich autonom sind weder die autonomen Frauenhäuser noch die meisten anderen Einrichtungen, die in dieser Stadt unverzichtbar sind. Sie alle hängen am Staats-Tropf.
Auf eigenen Füßen steht höchstens das auf Selbsthilfe setzende Zeitungsprojekt „Hinz und Kunzt“; von den hier entwickelten emanzipatorischen Ansätzen ist das Spendenparlament weit entfernt. Lauter Mutter Theresas und Albert Schweitzers verteilen Geld an und treffen Entscheidungen für Bedürftige. Ein solches Spendenparlament kann nichts anderes sein als Almosen-Scheindemokratie. Silke Mertins
Bericht Seite 22
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