■ Kommentar: Geisterfahrer SPD
Bis Ende Oktober, das hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt betont, müßten einige Elemente des im Frühling vereinbahrten Verkehrskonzept umgesetzt sein. Man kann das vorwegnehmen: nichts ist verwirklicht. Weder gibt es die von der Koalition zum 1. November verabredete Parkraumbewirtschaftung, noch sind die zusätzlichen acht Kilometer Busspuren eingerichtet. Selbst Verkehrssenator Haases demokratische Geste, bei der Parkraumbewirtschaftung sollten nun die Bezirke ran, ist nicht so gemeint, wie sie gestern daherkam. Gesorgt hat der Verkehrssenator damit vor allem dafür, daß nun erst mal gar nichts passieren wird. Dabei verdeckt das hochgestochene Wort von der Parkraumbewirtschaftung ohnehin nur, daß es um etwas ausgesprochen Simples geht: dem Senat will es nicht gelingen, angemessene Parkgebühren zu kassieren.
Mit der vielfach angeführten angeblichen Unfähigkeit des Verkehrssenators hat das Fiasko offenbar wenig zu tun — viel eher schon mit einem Unwillen bei den Christdemokraten, die Koalitionsvereinbarungen mit der SPD wirklich umzusetzen. Klartext hat die CDU-Fraktion in der vergangenen Woche geredet. Mit der Entscheidung, die überdimensionierte Leipziger Straße nicht rück-, sondern ausbauen zu wollen, ist der SPD der Koalitionsteppich unter den Füßen weggezogen worden. Damit ist das gesamte Verkehrskonzept der Koalition hinfällig und das für die Zukunft im Zentrum angestrebte Mischungsverhältnis von 20 Prozent Individual- und 80 Prozent öffentlichem Verkehr ein Stoff für Grimms Märchen. Genau diese Übereinkunft der Großen Koalition aber war eine Voraussetzung für die SPD, dem umstrittenen Innenstadtring zuzustimmen. Die SPD müßte sich deshalb vorgeführt fühlen. Was aber tun die pro forma mitregierenden Sozialdemokraten angesichts dieses handfesten Koalitionskonflikts? Sie schweigen. Wo klare Worte am rechten Platz wären, würgt die SPD lieber ganz im Stillen an dem unverdaulichen Knochen. Oder geht es um etwas anderes? Man könnte nämlich bei der ganzen Leisetreterei auch den Eindruck bekommen, der permanente Schimpf auf Haase ist nur eine Alibiveranstaltung, um die ökologische Klientel ruhigzustellen – während man tatsächlich die eigenen Vereinbarungen mit Rücksicht auf die armen staugequälten Autofahrer nicht mehr ernst nimmt. Wenn die SPD jetzt weiter schweigt, sagt sie zugleich sehr deutlich, wohin die Fahrt eigentlich gehen soll. Gerd Nowakowski
Siehe Berichte Seiten 19 und 20
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