■ Kommentar: Eile mit Folgen
Mit dem Hickhack am Potsdamer Platz wird es noch lange nicht vorbei sein. Je detaillierter die Planungen werden, desto mehr rächt sich die unziemliche Eile. Die Liste der Pannen ist lang: Die voreiligen Dumping-Geschäfte des Senats mit Daimler-Benz rügte die EG-Kommission, eine der Ausfahrten des geplanten Autotunnels mußte verschoben werden, weil die Autos im Keller von Sony herausgekommen wären, dann wehrte sich Daimler gegen den U- Bahn-Bau, weil das Wühlen unter der Erde die Bauarbeiten über der Erde verzögere. Schließlich entdeckte der Senat, daß die am Potsdamer Platz von den Unternehmen eingeplanten Tiefgaragen jedes stadtverträgliche Verkehrskonzept konterkariert hätten.
Damals verkaufte die Landesregierung den schnellen Parkplatz- Deal mit Daimler noch als Erfolg. Das Unternehmen wurde von den gewünschten 5.300 Stellplätzen am Potsdamer Platz auf 2.500 runtergehandelt – mit dem Preis, ein Parkhaus für 1.500 Autos „im Bereich des Kulturforums und des Gleisdreiecks“ anzubieten. Natürlich sind die betroffenen Bezirke nicht nach ihrer Meinung gefragt worden. Wer hätte schon die Ruhe für langwierige Verhandlungen aufgebracht? Kein Wunder, daß auch dieses voreilige Versprechen zu verwickelten Folgen führt. Kreuzberg wird sich weiterhin gegen das Autosilo auf einer der letzten großen Grünflächen in Berlins Innenstadt wehren. Aus dieser mißlichen Lage wird sich Stadtentwicklungssenator Hassemer (CDU) auch nicht mit einem angeblichen Öko-Gutachten herausretten können. Helfen kann nur ein anderes Gutachten: Wieviel Zeit sollten Politiker sich nehmen, wenn sie das Zentrum einer Stadt umkrempeln? Je mehr Zeit verstreicht, desto größer werden aber zugleich die Chancen, daß sich Politiker auf ihre Aufgabe besinnen, wirklich zukunftsverträgliche Lösungen für die Stadtmitte zu entwickeln. Dirk Wildt
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