■ Kommentar: Pfeifen im Wald
Die Olympia-Bewerbung Berlins ist längst abgerutscht zu einem Déjà-vu-Erlebnis der unangenehmen Art. Immer noch geht nichts voran und wenig zusammen. Daran hat sich nichts geändert, seit vor Jahresfrist für seinen geschaßten Vorgänger Axel Nawrocki als Geschäftsführer auf den schlingernden Karren sprang. Aus den negativen Schlagzeilen ist die Olympia GmbH nicht herausgekommen. Gäbe es eine Kategorie „Pfeifen im dunklen Wald“, Nawrocki wäre die Goldmedaille nicht zu nehmen. Die nun angekündigte Öffentlichkeits-Kampagne verdeutlicht dies nachdrücklich. Wer jetzt die Haushalte mit Infos über die „Vorteile“ durch Olympia beliefern will; wer ankündigt, die inhaltliche und visuelle Darstellung verbessern zu wollen; wer verspricht, sich nun gar den „brisanten Fragen“ von Doping und Spitzensport zuwenden zu wollen, der gesteht indirekt seine totale Bauchlandung ein. Der unverändert spürbaren Zurückhaltung der Berliner liegt eben das realistische Gespür zugrunde, hier solle mit großkotziger Art eine Last geschultert werden, unter der die Stadt in die Knie gehen muß.
Olympiareif ist deshalb allein der Personalverschleiß. Der einzige Stabilitätsfaktor ist inzwischen das Wissen bei den Politikern, daß man sich bis zur Entscheidung über den Austragungsort nicht noch eine neue Garnitur an Bewerbungs-Ruderern leisten kann, will man nicht schon vor der Ziellinie gänzlich baden gehen. Was nicht heißt, man schiele noch auf den Sieg. Längst gilt nämlich auch bei Teilen des Senats das streng olympische Motto, nicht der Gewinn sei alles, sondern die Teilnahme. Manch einer, der jetzt noch lauthals für Olympia tönt, wird deswegen innerlich froh sein, wenn der Kelch an Berlin vorbeigeht. Gerd Nowakowski
Siehe auch Bericht auf Seite 22
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