■ Kommentar: Undeutsches Blut
Marija K. hatte einfach Pech. Nach 19jährigem Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit mußte sie diese abgeben, weil sie in den Augen der Juristen zum Zeitpunkt ihrer Geburt in einer Art juristischem Transfusionsakt das damals noch ausländische Blut ihrer Mutter übertragen bekam. Das Unglück, das falsche, das undeutsche Blut in den Adern zu haben, teilen Tausende von Einwandererkindern mit ihr. Hier geboren, aufgewachsen und verwurzelt, haben sie nach Jahren in Deutschland immer noch weniger Rechte als deutschstämmige Aussiedler aus den Ostgebieten nach einem Tag. Marija K. indes hatte doppeltes Pech: Wäre sie zwei Monate später geboren worden, nach der Heirat ihrer Mutter mit einem Deutschen, dann hätte man sie von Amts wegen automatisch als eheliches Kind und rechtmäßige Trägerin deutschen Blutes anerkannt. Marija K.s Geschichte ist ein groteskes Lehrbeispiel dafür, wie unselige deutsche Geschichte weiterwirkt, weil man noch unter Kaiser Wilhelm formulierte Gesetze einfach unverändert läßt. Wann endlich werden die Gesetze rassismusfrei? Ute Scheub
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