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■ KommentarChance fürs Schreckgespenst

Nach dem Scheitern der rot-grünen Koalitionsgespräche folgt nun das obligate Betrauern des politischen Scherbenhaufens. Doch eigentlich hat nun die Sternstunde der Politikverdrossenen geschlagen: Denn jetzt könnte im Hamburger Rathaus die Uhr endlich mal anders schlagen. Vorausgesetzt, die Herren und Damen dort brächten etwas Mut auf.

Wozu? Das Neue zu wagen – das nämlich, was uns immer als Schreckgespenst, als dräuendes Chaos verkauft wird: Ein Minderheitensenat in der Hamburger Bürgerschaft, der auf wechselnde Mehrheiten im Parlament angewiesen ist.

Genauer betrachtet böte diese Regierungsform eine Spur von dem, was man früher mal als Politik bezeichnet hat. Denn bei wechselnden Mehrheiten müßte im Parlament endlich mal wieder gerungen werden – um Mehrheiten in der Sache. Da müßte argumentiert und überzeugt werden, über die Grenzen der Parteiborniertheit hinweg an Sachfragen entlang gestritten werden, und da müßten immer wieder neue Bündnispartner her – kurz: Der Senat, ob in einer Koalition oder alleinregierend, könnte sich nicht mehr vier Jahre lang auf seinen arithmetischen Wahl-Lorbeeren oder austaktierten Koalitionskompromissen ausruhen.

Aber vor derart hohe Anforderungen an die fachpolitische Kompetenz und vor allem an die Fähigkeit, immer wieder über den Schatten des eigenen Machtanspruchs hinwegzuspringen, schrecken alle Fraktionen zurück. Als Übergangslösung erträglich, als Dauerlösung für die Stadt schädlich, so die übergreifende Bewertung dieses Politikmodells. Warum wohl immer nur das auf vier Jahre Voraussehbare gut fürs Volk sein soll? Berechenbare Politik ist komfortabler – jedenfalls für die Politikerkaste. Viel überzeugender wird sie aber dadurch auch nicht. Sannah Koch

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