■ Kommentar: Nicht nur Müll
Bremens Stadtzentrum hat ein paar Ecken, die wirklich schön und vorzeigbar sind. Durchaus nicht nur alte sind das, auch neue sind darunter, der Neptun-Brunnen auf dem Domshof etwa. Solche Plätze sind für das Lebensgefühl derer, die in der Stadt wohnen, wichtig.
An Häßlichkeiten und Ruinen ist Bremen reicher, Gebäuden, die das Auge beleidigen, ganze Areale wie das Schlammloch auf der Teerhof-Insel. Da wurde uns einmal das „Kultur-Drittel“ versprochen. Daß für diese Stadt unnötig viel ausgegeben wird, hat niemand bisher behauptet. Um so ärgerlicher ist es, wenn bei jedem einzelnen Projekt die Grundsatzdebatte wieder losgeht. Keine Partei ist offensichtlich von den populistischen Versuchungen frei, die Ausgaben für die anspruchsvolle Gestaltung mit dem Kleidergeld für Obdachlose zu vergleichen. Aus der Ecke der CDU kamen z.B. die billigen Polemiken gegen den Neptun-Brunnen.
Die Ecke zwischen Bürgerpark, Kongreßzentrum und Bahnhofs- Nordausgang ist nicht mit billigem Sichtbeton von ihrem Fabriken- Hinterterhof-Charakter zu befreien. Wie sie stadtarchitektonisch gestaltet werden könnte, darüber hat niemand richtig gestritten. Lieber haben sich die Leute - viele PolitikerInnen auch - das Maul darüber zerrissen, daß da nicht Asphalt, sondern Granitpflaster gelegt werden und 635.000 Mark für eine japanische Klanginstallation ausgegeben werden sollen. Der Lobby der Recyclinghöfe verdanken wir, daß sich die Ampel- Koalition darauf verständigen konnte, die Bedürfnisse nach Ästhetik und Kultur in der Stadtgestaltung anzuerkennen. Immerhin. Klaus Wolschner
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