■ Kommentar: Einsamer Voscherau
Es war eine miese Woche für Henning Voscherau. Vergeblich bemühte sich der Senatschef am Montag, den von ihm nicht unbedingt geliebten, aber wegen seiner guten Dienste als Integrationsfigur für die Parteilinken doch geschätzten SPD-Parteichef Helmuth Frahm vom Rücktritt abzuhalten. Mit gutem Grund: Die Folgen, die Frahms Demission für die SPD hat, sind für Voscherau kaum absehbar.
Tritt bei den Sozialdemokraten jene „Unruhe“ ein, die Frahm für den dringend notwendigen innerparteilichen Reformprozeß einfordert und mit seiner öffentlichen Kritik an den Strukturen der Partei heraufbeschwört, geht es ans Eingemachte. Dann könnte es ziemlich zügig auch um das Amt jener Politiker gehen, die durch jene überkommenen Strukturen nach oben gespült wurden. „Voscherau ist der nächste.“ Dieser Spruch war in sozialdemokratischen Zirkeln in dieser Woche nicht nur einmal zu hören. Oder ist da nur die Hoffnung der Vater des Gedankens, Rachegefühle enttäuschter Rotgrün-Fans?
Mag sein. Fest steht, daß der rotgraue Durchmarsch Voscheraus den Senatschef zwar machtvoller, aber auch sehr viel einsamer gemacht hat. Durchaus zu bezweifeln, ob es sich der nicht nur in Sachen Hafenstraße zum Starrsinn neigende Senatschef noch allzu lange wird leisten können, wohlmeinende Ratschläge wie den seines Innensenators abzulehnen.
Er wird es dennoch weiterhin tun. Vielleicht in der Hoffnung auf Hilfe von außen. Der ersehnte Ruf aus Bonn, die Ernennung zum Innenminister unter Scharping könnte Voscherau gerade noch zum rechtzeitigen Absprung verhelfen. Viel Erfolg bei der Bewerbung.Uli Exner
Siehe auch Seiten 34/35
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