■ Kommentar: Schmusekurs
Was eine Kapitulation darstellt, wird von Umweltbehörde und Boehringer elegant „Modifizierung“ genannt. Doch das Scheitern des Sanierungskonzepts für das ehemalige Boehringer-Werksgelände, das jetzt nur noch hermetisch abgeriegelt werden soll, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Grenzen staatlicher Umweltpolitik.
Sechs Jahre hatte die Umweltbehörde gebraucht, um die Verantwortlichen in die (Sanierungs-)Pflicht zu nehmen. Sechs Jahre, in denen Gifte ungehindert ins Grundwasser sickerten. Und weitere acht Jahre wird es dauern, bis die Ausbreitung der Chemikalien gestoppt und mit der Sanierung der umliegenden Grundwasserleiter begonnen werden kann. Und die, das ist heute schon klar, wird nur eine Schmalspur-Sanierung werden.
Noch immer fehlt den Behörden eine rechtlich zweifelsfreie Grundlage, um industriellen Umweltvergiftern schnell und unbürokratisch zumindest die Folgekosten ihres Handelns aufzubürden. Und noch immer fehlt Umweltsenator Vahrenholt der Wille, das Kind beim Namen zu nennen und das Scheitern des Sanierungs-Konzeptes zuzugeben. Nur so aber könnte er Bewußtsein schaffen: für bestehende Lücken im Umweltrecht und für die fatalen Folgen einer nur auf Arbeitsplatzerhalt fixierten Industriepolitik. Denn deren ökologische Folgekosten, das zeigt der „Fall Boehringer“ beispielhaft, sind unbezahlbar.
Während Vahrenholt-Vorvorgänger Curilla nach langem Anlauf auf Konfrontationskurs mit dem Chemiegiganten ging und diesen schließlich in die Knie zwang, bleibt Vahrenholt auf Schmusekurs. Und leistet der Umwelt damit einen Bärendienst. Marco Carini
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