Kommentar: Der verkehrte Weg
■ Gaertner hat der Mut verlassen
Vor zwei Jahren war Bremens Gesundheitssenatorin Irmgard Gaertner mutig: Als sie 1992 die Studie „Gesundheit und Verkehr“ in Auftrag gab, zog sie heimlich, still und leise Kompetenzen an sich, die ihr nach althergebrachter Ressortaufteilung nicht zustehen: Den Verkehr regelt in Bremen eben das Bauressort, vielleicht reden noch Umwelt und Wirtschaft ein Wörtchen mit. Was hat die Gesundheitssenatorin damit zu schaffen?
Eine ganze Menge, wie Gaertner damals dachte und wie der Schlußbericht der Studie jetzt wieder belegt. Denn was die Autos durch Abgase und an Lärm anrichten (von ihrem Killerinstinkt ganz zu schweigen), müssen die ÄrztInnen in Form von Bronchitis, Asthma, Herzinfarkt oder Lungenkrebs wieder zurechtflicken. Wirkliche Prävention heißt heute Verkehrspolitik, sprich: weniger Verkehr.
Doch der Mut zu solchen Aktionen hat Gaertner nun verlassen. Hinter die Forderungen des Gutachtens macht sie nur zaghaft ein Fragezeichen. Natürlich würde sie mit der Forderung nach Tempo 30 im Senat einen Kompetenzstreit vom Zaun brechen. Aber klein beigeben ist der verkehrte Weg: Wer ein solches Gutachten anschiebt, muß den Mut haben, die Ergebnisse einzufordern. Auch wenn es zehnmal nicht ihr Ressort ist: Jetzt müßte sich Gaertner hinstellen und laut sagen, daß dieser Verkehr den Menschen nicht mehr zuzumuten ist. Bernhard Pötter
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